Sport-Pfarrer Schütt zur Glaubwürdigkeitskrise des Leistungssports

Der Verdacht läuft mit

Der Leistungssport feiert seinen neuen Superstar Usain Bolt. In unglaublichen 9,58 Sekunden gewann der Jamaikaner die 100 Meter bei der Leichtathletik-WM in Berlin. Doch den Sieger begleiten Zweifel. "Ist der jetzt ein Ausnahmetalent oder hat er nachgeholfen?", fragt auch Hans-Gerd Schütt. Die Antwort kennt der katholische Sport-Pfarrer nicht. Im domradio-Interview spricht er über die Glaubwürdigkeitskrise des Leistungssports und die Hoffnung auf eine Wende.

 (DR)

domradio: Bolt hat die 100 Meter in unglaublichen 9,58 gewonnen - bei vielen klingeln da schon wieder die Doping-Alarmglocken. Bei Ihnen auch?
Schütt: Ich war gestern im Stadion und habe den Lauf live miterlebt. In Peking war ich auch schon mit dabei. Natürlich gibt es das Problem, dass Spitzensport bei Rekorden auch immer der Verdacht mitläuft. Das ist leider so, so hat es sich entwickelt. Und natürlich denkt man: Ist der jetzt ein Ausnahmetalent oder hat er nachgeholfen?

domradio: Wie stehen Sie als Pfarrer zu der Frage?
Schütt: Meine Position ist klar: Sport muss dopingfrei sein. Auch um die Glaubwürdigkeit des Sports willen, aus gesundheitlichen Gründen, und und und. Es gibt viele Argumente. Leider gibt es auch Zeitgenossen, die sagen: Lassen wir doch Doping freigeben. Aber dann würde sich der Sport in eine ganz gefährliche Richtung entwickeln. Er hat ja ohnehin schon durch die Entwicklung der letzten Jahre in unterschiedlichen Sportarten schon genug an Glaubwürdigkeit eingebüßt.

domradio: Sie sind bei der WM für die seelsorgerische Begleitung zuständig. Ist Doping da ein Thema?
Schütt: Das Thema Doping begegnet einem vor allem bei den ganz jungen Sportlern. Die merken natürlich, wenn sie ihre Karriere im Hochleistungssport beginnen, dass es schon sehr wichtig, für einen sauberen Sport zu stehen. Sie wollen das Renommee des Sports wieder anheben. Die Älteren sprechen dieses Thema gelegentlich an. Alle betonen, wie wichtig gerade die Erziehung ist, die schon sehr früh beginnen muss. Es geht hier ja nicht nur um ein einfaches Delikt. Da spielt ja auch sehr viel die innere Haltung, die Einstellung, das Bild, das man von sich, dem Sport und dem Wettkampf hat, eine ganz entscheidende Rolle. So dass die Überlegungen meistens dahin gehen, zu sagen: Das können wir tun, auch schon sehr, sehr früh beginnend in der Erziehung der Kinder und Jugendlichen, darauf hinzuarbeiten. Das Thema Doping ist sonst kein Thema.

domradio: Wie groß ist denn überhaupt das Bedürfnis der Sportler an seelsorgerischer Betreuung?
Schütt: Ein gibt natürlich Sportler, die kein Interesse haben. Es gibt aber auch welche, die die "Gunst der Stunde" nutzen und das Gespräch suchen. Und es gibt viele, die man wieder trifft - das ist sehr schön, dieser Wiedererkennungseffekt. Das erleichtert das Gespräch natürlich. Die Rahmenbedingungen hier in Berlin für uns Seelsorger sind insgesamt sehr gut.

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