Experten sehen Beziehungen auf gutem Weg

Merkel trifft Medwedew

Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft sich heute mit Russlands Präsident Dmitri Medwedew im russischen Kurort Sotschi am Schwarzen Meer. Auch die jüngsten Morde an Bürgerrechtlern in Russland dürften eine Rolle spielen. Experten sehen die deutsch-russischen Beziehungen auf einem guten Weg.

Autor/in:
Christiane Jacke
 (DR)

Die Liste der Gesprächsthemen ist überhaupt lang: Im Mittelpunkt stehen Wirtschaftsfragen, hinzu kommen energiepolitische und außenpolitische Angelegenheiten - vom Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine bis zum Atomprogramm im Iran.

Merkel und Medwedew werden in Sotschi nach Angaben der Bundesregierung über die Auswirkungen der Wirtschaftskrise sprechen und den anstehenden Weltfinanzgipfel vorbereiten, der für Ende September im US-amerikanischen Pittsburgh angesetzt ist. Außerdem stehen konkrete Wirtschaftsprojekte zwischen Deutschland und Russland an.

Seit Mittwoch liegen neue Geschäftspläne für die insolventen Wadan-Werften in Wismar und Rostock-Warnemünde in Mecklenburg-Vorpommern auf dem Tisch. Der russische Energiemanager Igor Jussufow ist an den Schiffbaubetrieben interessiert. Eine Voraussetzung für seinen Einstieg sind jedoch neue Aufträge. Die Werften warten nun auf ein politisches Signal von Medwedew, ob die russische Regierung Jussufows Vorhaben mitträgt.

Auch die Verhandlungen über die Zukunft des angeschlagenen Autoherstellers Opel sind noch offen. Möglich wäre eine Option unter russischer Beteilung. Der kanadisch-österreichische Autozulieferer Magna will Opel gemeinsam mit der russischen Staatsbank Sberbank übernehmen. Merkel hat diese Möglichkeit bereits favorisiert.

Ein wiederkehrendes Thema sind die Menschenrechte in Russland. Vor wenigen Tagen waren die Bürgerrechtlerin Sarema Sadulajewa und ihr Mann in Tschetschenien umgebracht worden. Erst Mitte Juli wurde die Bürgerrechtlerin Natalja Estemirowa in der Region entführt und ermordet. Hinzu kamen die Morde an mehreren russischen Journalisten. Die Organisation Reporter ohne Grenzen appellierte in einem öffentlichen Schreiben an Merkel, bei Medwedew "gründliche Ermittlungen" in diesen Fällen einzufordern. Solche Taten dürften "nicht ungesühnt bleiben".

Fast auf den Tag genau vor einem Jahr war Merkel zuletzt bei Medwedew in Sotschi zu Gast. Damals überschatteten die Kämpfe zwischen Russland und Georgien um die nach Unabhängigkeit strebenden georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien die Gespräche. Aus Deutschland kam zu der Zeit deutliche Kritik an dem russischen Vorgehen in dem Konflikt. Inzwischen belaste der Georgien-Krieg die deutsch-russischen Beziehungen jedoch nicht mehr, sagte der Osteuropa-Experte Alexander Rahr von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Der Westen habe Russland den Krieg "verziehen".

Nach Ansicht des Russland-Koordinator der Bundesregierung, Andreas Schockenhoff (CDU), hat die Wirtschaftskrise die deutsch-russischen Beziehungen gestärkt. Auch in Moskau sei das "Gefühl der gegenseitigen Abhängigkeit" gewachsen, sagte Schockenhoff der Nachrichtenagentur ddp in Berlin. Der Staat wisse, dass er die einseitige wirtschaftliche Abhängigkeit von Öl und Gas aufgeben müsse und dies nur mit Hilfe des Westens schaffen könne. Nach wie vor gebe es zwar schwierige Themen zwischen Deutschland und Russland, betonte Schockenhoff. Die Beziehung sei inzwischen jedoch viel "belastbarer" als in der Vergangenheit, "weil sie sehr ehrlich ist". Probleme und Kritik würden offen angesprochen. Dies werde auch in Sotschi der Fall sein