Studie: Bildung für Eltern wahlentscheidend

"Das wichtigste Thema"

Bildung ist für Deutschlands Eltern das wichtigste Thema im Bundestagswahlkampf. Für 62 Prozent aller Eltern haben Bildungs- und Familienfragen eine so große Bedeutung wie die Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise, wie eine am Montag in Berlin veröffentlichte Forsa-Umfrage im Auftrag des Magazins "Eltern" ergab. Chefredakteurin Marie-Luise Lewicki im domradio-Interview.

 (DR)

domradio: Wenn bei der Bundestagswahl im September nur Eltern abstimmen dürften, was käme dabei raus?
Lewicki: Nahezu dasselbe wie in den derzeitigen Umfragen: Die Zahl für die CDU wäre exakt gleich, die SPD hätte einen leichten Vorteil und die Grünen auch. Die FDP bliebe stabil, die Linke würde verlieren.

domradio: Geht aus der Studie hervor, warum Eltern so wählen würden?
Lewicki: Es hat ganz offensichtlich nicht unbedingt mit den familienpolitischen Programmen zu tun, sondern wahrscheinlich eher mit überlieferten Präferenzen. Denn wenn man sich anschaut, was in den Programmen der Parteien steht und was für Eltern das Wichtigste für ihre Kinder ist, dann sieht man doch Diskrepanzen - zu allen Parteien.

domradio: Ein Beispiel?
Lewicki: Die Zahl, die uns am meisten überrascht hat, war die: 91 Prozent aller deutschen Eltern lehnen den Föderalismus im Bildungssystem ab. Die wollen also, dass es ein einheitliches Bildungssystem für das ganz Deutschland gibt. Das ist ein klares Statement! Und dieses Thema tauscht nirgends auf, weil ja die Föderalismuskommission ja gerade das Gegenteil beschlossen hat, nämlich dass die Bildungspolitik in Länderhoheit bleibt. Die Eltern wollen das aber nicht. Die haben ohnehin das Gefühl, dass Bildung das wichtigste Thema ist. Das kam im Ranking auch ganz oben bei den familienpolitischen Themen.

domradio: Was läuft nach Ansicht der Eltern in der Familienpolitik noch falsch?
Lewicki: Die Präferenzen sind sehr unterschiedlich. Also die Familienpolitik setzt ja gerade sehr stark auf das Betreuungsthema. Das kam bei uns aber erst an vierter Stelle. Bei uns kam davor noch das Gefühl, dass von der Familienförderung, die ständig versprochen wird, eigentlich bei den Familien nichts ankommt. Sie haben das Gefühl, der Staat nimmt ihnen mehr Geld weg, als er ihnen zurückgibt und dass das Ganze sehr intransparent ist. Und das Thema Vereinbarkeit Kind und Beruf war noch ein großes Thema. Auch da bieten die Parteiprogramme ja das eine oder andere an: Das Thema Teilzeitelterngeld wird von der CDU besetzt, Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse von der Linkspartei und den Grünen. Aber dennoch haben die Eltern noch immer das Gefühl, dass sie bei dem Thema relativ alleine stehen, weil sie es eben in ihrer Arbeitswirklichkeit anders erleben.

Hintergrund:
91 Prozent der Befragten kritisierten den Föderalismus in der Bildungspolitik und forderten eine bundesweite Vereinheitlichung des Schulsystems. 68 Prozent der Mütter und Väter empfinden das System als veraltet, 54 Prozent hadern so sehr damit, dass sie ihre Kinder am liebsten auf eine Privatschule schicken würden.

Mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) sehen in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch immer Probleme. Besonders betroffen sind dabei der Umfrage zufolge die Alleinerziehenden (65 Prozent) sowie Eltern mit niedrigem Einkommen (61 Prozent). 72 Prozent sagten, sie hätten kaum etwas von der Betreuungsoffensive der Bundesregierung bemerkt, 39 Prozent halten das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen in Deutschland für generell unzureichend.

Hätte die Bundestagswahl bereits in diesem Sommer stattgefunden, so hätten sich 35 Prozent der Eltern für die CDU entschieden, 26 Prozent für die SPD, 14 Prozent für die FDP, 13 Prozent für die Grünen und 8 Prozent für Die Linke.

Für die Studie wurden 1000 Eltern von Kindern unter 18 Jahren in Deutschland befragt. Die Befragung fand im Zeitraum zwischen dem 18. und 28. Mai 2009 statt.