Urteil gegen Suu Kyi stößt international auf Kritik

Ende eines Schauprozesses

"Es gibt keine Gerechtigkeit in Birma." Mit deutlichen Worten reagierte die in Thailand ansässige "Hilfsvereinigung für politische Gefangene" auf das Urteil gegen die birmanische Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi. Ein Sondergericht verurteilte die Friedensnobelpreisträgerin zu 18 Monaten Hausarrest.

Autor/in:
Michael Lenz
 (DR)

Dieser "Gnadenakt" mildert die international vernichtenden Reaktionen auf das Urteil gegen die Politikerin indes nicht. Die EU kündigte umgehend eine Verschärfung ihrer Sanktionen an, aus den USA verlautete Empörung und auch in Deutschland gab es deutliche Kritik: von einem Rückschlag für die Menschenrechte und einer juristischen Farce ist die Rede. Schon während des Verfahrens sprachen Kritiker in aller Welt von einem Schauprozess. Die Junta wolle Suu Kyi über die geplanten Wahlen im Land 2010 hinaus aus der Öffentlichkeit verbannen, befürchtete viele schon vor dem Urteil - und sehen sich nun bestätigt.

"Warum 18 Monate?", fragt etwa Khin Ohmar von der birmanischen Exilorganisation "Burma Partnership" und liefert auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) die Antwort gleich mit: "Das Motiv war von Anfang an, sie aus den Wahlen 2010 herauszuhalten." Eine deutliche Schwächung der ohnehin schon schwachen Opposition, meinen Beobachter.

Suu Kyis Partei, die "Nationale Liga für Demokratie" (NLD), sei in einem desolaten Zustand, urteilt etwa der Kambodschaner Son Chhay, Vizepräsident eines Zusammenschlusses von birmakritischen Abgeordneten aus den ASEAN-Staaten, einem Bund südostasiatischer Länder, dem auch Birma selbst angehört. Er bezweifelt, dass die Opposition in Birma stark genug für eine Konfrontation mit der Junta ist. Um die Machthaber zu einem Dialog mit den politischen Gegnern zu bewegen, ist auch Ohmar überzeugt, brauche es internationale Unterstützung.

Dabei kommt der ASEAN eine zentrale Rolle zu. Das Bündnis hatte sich bisher zumeist auf sein Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Mitgliedsländer berufen. Seit der Verhaftung Suu Kyis im Mai gingen aber einzelne Mitgliedsstaaten wie Thailand, die Philippinen und vor allem Indonesien mit deutlichen Stellungnahmen gegen das Regime in Birma in die Offensive. "Wenn Indonesien eine Führungsrolle übernimmt, sieht die Lage anders aus", mutmaßt Son Chhay.

Darüber hinaus ist auch die internationale Gemeinschaft gefragt.
Ohmar nimmt dabei besonders Großbritannien und die USA als derzeitige und künftige Vorsitzende des Weltsicherheitsrates in die Pflicht. Der Druck auf sie steige, China als Schlüsselpartner des Regimes an Bord zu bekommen, um eine Kommission zur Untersuchung der Verbrechen des Regimes durchzusetzen, meint Ohmar.

Die USA sind ohnehin direkt von dem Urteil betroffen, ist doch die Grundlage des Verfahrens gegen Suu Kyi der Vorwurf, den US-Amerikaner John Yettaw in ihrem Haus beherbergt und damit gegen die Auflagen ihres Hausarrests verstoßen zu haben. Die Verteidigung der 64-jährigen Politikerin hatte dies nicht bestritten, jedoch argumentiert, der Mann habe nur durch die Nachlässigkeit der Sicherheitskräfte zu dem Haus gelangen können. Das Gericht entschied nun auf Verstoß gegen die Auflagen und verurteilte zugleich Yettaw zu sieben Jahren Gefängnis mit Zwangsarbeit. Son Chhay sieht nun schon Bill Clinton in den Startlöchern, um wie im Fall der jüngst aus Nordkorea zurückgeholten US-Journalistinnen zu intervenieren.

Suu Kyi persönlich dürfte das indes kaum helfen. Die Generäle werden sie auch gegen ein politisches Lösegeld kaum freilassen. Bereits 14 der vergangenen 20 Jahre verbrachte die Politikerin in Hausarrest oder im Gefängnis. Zuvor hatte sie 1990 die letzten freien Wahlen in Birma mit ihrer Partei NDL haushoch gewonnen. Die Junta erkannte das Ergebnis aber nicht an. Mit dem Urteil von Dienstag dürfte Suu Kyi im Wahljahr 2010 ein ähnlicher Coup wohl kaum gelingen.