Gewalt im Norden Nigerias hält an

Taliban auf dem Vormarsch

Nach den Angriffen militanter Islamisten auf Polizisten hält die Gewalt im Norden Nigerias weiter an. Die nigerianische Armee und Islamisten lieferten sich in der Nacht zum Mittwoch in Maiduguri im Bundesstart Borno schwere Kämpfe, berichtete der britische Sender BBC. Die Stadt ist Heimat des Islamistenführers Mohammed Yusuf. Das Hilfswerk "Kirche in Not" warnt vor einer "Talibanisierung" des Landes.

 (DR)

Auch die Bundesstaaten Bauchi, Kano and Yobe sind von den Unruhen betroffen. Anfang der Woche hatten militante Islamisten dort mehrere Polizeistationen angegriffen. Die Islamisten kämpfen für einen islamischen Gottesstaat. In zwölf nördlichen Bundesstaaten ist das islamische Scharia-Recht bereits eingeführt. Nigerias 140 Millionen Einwohner sind je zur Hälfte Muslime und Christen. Während der Norden des Landes muslimisch geprägt ist, leben die meisten Christen im Süden. In den vergangenen zehn Jahren kam es immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern beider Religionen.

"Talibanisierung" des Landes
Eine "Talibanisierung" Nigerias durch die jüngste Welle islamistischer Gewalt im Land befürchtet der Leiter des "Katholischen Instituts für Entwicklung, Gerechtigkeit, Frieden und Caritas" in Enugu, Prälat Obiora Ike. In einem Gespräch mit dem weltweiten Hilfswerk päpstlichen Rechts "Kirche in Not" sagte er, mit den jüngsten Angriffen radikaler Islamisten auf Sicherheitskräfte im Norden Nigerias habe die Gewalt im Land eine neue Dimension erreicht.

Bisher seien die Islamisten beinahe ausschließlich gegen Christen vorgegangen. Nun jedoch hätten sich neue radikale Gruppen gebildet, die gegen "alles Westliche" und auch gegen andere Muslime vorgingen. Ike berichtet, die Gewaltakte dieser Gruppen richteten sich nun auch gegen die Regierungen in jenen Bundesstaaten, die bereits die Scharia eingeführt hätten.

Nach Einschätzung Ikes handle es sich bei den Islamisten nicht um Splittergruppen, sondern um eine große Bewegung, die sich rasch im ganzen Land ausbreite. Federführend sei dabei die islamistische Sekte "Boko Haram" (auf Deutsch: Erziehung ist Sünde).

Sie halte Schulen und Universitäten für "westlich dekadent" und ginge daher auch gegen muslimische Bildungseinrichtungen vor. In den vergangenen Tagen hätten die Islamisten in den nordöstlichen und östlichen Bundesstaaten Bauchi, Yobe, Adamawa und Borno insgesamt 210 Menschen ermordet.

Prälat Ike fürchtet nun, dass die Unruhen auch auf den dicht besiedelten Bundesstaat Kano mit seinen zwölf Millionen Einwohnern im Norden Nigerias übergreifen könnten. Dies könnte seiner Ansicht nach einen Flächenbrand zur Folge haben, denn die Regierungen der nigerianischen Bundesstaaten seien mit dieser neuen Welle der Gewalt überfordert.

Obiora Ike ruft die westlichen Regierungen dazu auf, Nigeria beim Kampf gegen die Islamisten zu unterstützen und endlich die versprochenen Hilfsmaßnahmen für Bildung und gegen Armut umzusetzen. Fehlende Bildung und Armut seien seiner Ansicht nach die Hauptursache der aktuellen Gewalt.