Zelaya überschreitet kurzzeitig die Grenze - Gestürzter Präsident errichtet Zeltlager

Nervenkrieg in Honduras

Der gestürzte Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, pocht weiter auf Rückkehr in seine Heimat. Am Samstag errichtete er an der Grenze zu Honduras ein Zeltlager in der Ortschaft Las Manos auf nicaraguanischem Gebiet, um seinen Machtanspruch zu unterstreichen. Zuvor hatte er am Freitag in einem symbolischen Akt kurzzeitig die Grenze zu Fuß überquert. Kritik an der Aktion äußerte US-Außenministerin Hillary Clinton. Unterdessen wurde auf honduranischer Seite ein getöteter Anhänger Zelayas gefunden.

 (DR)

Begleitet von Unterstützern und einem Team des venezolanischen TV-Senders Telesur hielt sich der entmachtete Staatschef am Freitag kurzeitig in Honduras auf. Mehrere hundert Soldaten erwarteten Zelaya an der Grenze, griffen jedoch nicht ein, obwohl die Putschregierung zuvor mit Festnahme gedroht hatte. Zelaya kehrte wenig später nach Nicaragua zurück. Einen ersten Rückkehrversuch des gestürzten Staatschefs per Flugzeug hatte das honduranische Militär am 5. Juli vereitelt.

US-Außenministerin Clinton bezeichnete Zelayas Grenzübertritt als «unvorsichtig». Kritik kam auch vom Vermittler in der Honduras-Krise, Oscar Arias: «Das ist nicht der Weg, um Versöhnung zu erreichen», sagte der Präsident von Costa Rica.

Der tot aufgefundene Anhänger Zelayas trug nach Medienberichten Spuren von Folter und soll am Tag zuvor von honduranischen Sicherheitskräften festgenommen worden sein. Die Polizei von Honduras bestritt jegliche Beteiligung an dem Fall. Am Freitag war die honduranische Armee mit Tränengas und Schüssen gegen Anhänger des entmachteten Präsidenten vorgegangen, die ihn an der Grenze empfangen wollten.

Die Putschregierung unter dem Interims-Präsidenten Roberto Micheletti verstärkte inzwischen die Militärpräsenz und verlängerte nach Zelayas Grenzübertritt erneut die Ausgangssperre in der Grenzregion zu Nicaragua. Micheletti warf Zelaya vor, mit seinem «TV-Zirkus» das Leben der Bürger zu gefährden.

Vermittler Arias, rief beide Seiten dazu auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Im Interview mit der spanischen Zeitung «El País» kritisierte Arias Zelayas Ausharren an der Grenze als «wenig hilfreich». Zugleich rief er die EU und die USA dazu auf, den Druck auf die Putschregierung von Honduras zu verstärken. «Beide haben die Entwicklungshilfe für Honduras gekürzt, aber das genügt nicht», sagte der Friedensnobelpreisträger.

Eine Einladung von US-Außenministerin Clinton schlug Zelaya am Samstag aus. Er werde nicht nach Washington reisen, wo er am Dienstag erwartet wird, sagte Zelaya einem Radiosender: «Wenn jemand mit mir sprechen will, soll er hierher nach Ocotal (an der Grenze zu Honduras) kommen.»

Die südamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur verurteilt derweil in scharfer Form den Staatsstreich. Die Staats- und Regierungschefs von Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay verabschiedeten am Freitag in Paraguays Hauptstadt Asunción eine Erklärung, wonach sie der Interims-Regierung die Anerkennung verweigern. Auch das Ergebnis von Neuwahlen, die derzeit von den neuen honduranischen Machthabern erwogen werden, soll nicht anerkannt werden.

Zelaya war Ende Juni von der honduranischen Armee aus dem Land geflogen worden. Das Parlament wählte daraufhin Micheletti zum neuen Präsidenten. Er ist international nicht anerkannt.

Der Putsch in Honduras zeigt nach Einschätzung des Konfliktforschers Javier Ciurlizza, dass die Demokratie in Lateinamerika nicht als etwas Gesichertes betrachtet werden darf. «Was in Honduras geschieht, ist ein ernstes Alarmzeichen für die anderen Länder in der Region», sagte der Politologe und Jurist aus Peru dem epd in Bogotá (Kolumbien). «Auch die Demokratie in Guatemala und El Salvador ist sehr brüchig.»