Vor 40 Jahren betrat der erste Mensch den Mond

Nur ein kleiner Schritt im Meer der Ruhe

Die Welt saß vor dem Fernseher, und es ging nicht um Fußball. Wer in der Nacht zum 21. Juli 1969 zu den damals unfassbaren 500 Millionen Zuschauern gehörte, wird die Bilder nie vergessen: Der Mensch betritt den Mond.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
 (DR)

Gott? Nein, Gott habe er dort oben nicht getroffen, gab der sowjetische Oberst Jurij Gagarin, der erste Mensch im All, im April 1961 nach seinem historischen Flug zu Protokoll.

Die Zeiten waren ideologisch, und die Diskussion zwischen Agnostikern und Theologen wurde fast ebenso erbittert ausgetragen wie der irrwitzige Wettlauf von Russen und Amerikanern zum Mond, den US-Präsident John F. Kennedy im Mai 1961 vollmundig eingeläutet hatte. Vor Ablauf des Jahrzehnts wolle Amerika einen Menschen zum Mond bringen. Der Kindheitstraum der Menschheit, die Grenzüberschreitung ohne Beispiel wurde möglich durch den Kalten Krieg, den Wettlauf der Systeme.

25 Milliarden Dollar spendiert sich die US-Weltraumindustrie für das Himmelfahrtskommando, den Riesenvorsprung der Sowjets in der bemannten Raumfahrt doch noch aufzuholen. Und die "Mission Impossible" wird erfüllt, das Apollo-Programm, eigentlich auf Jahrzehnte angelegt, durchgepeitscht: Fehlschläge, Pannen, Explosionen im Zeitraffer. Amerika geht höchstes Risiko - und entscheidet so das Kopf-an-Kopf-Rennen für sich. Die Welt hält den Atem an, als am 17. Juli 1969 der Countdown abläuft und sich die "Saturn V"-Rakete unfassbar schön in den Himmel über Cape Kennedy
erhebt: "liftoff". Das größte aller Abenteuer hat begonnen.

Kleiner Schritt für einen Menschen
Der Herzschlag von Neil Armstrong, Kommandant der Landefähre "Eagle" (Adler), liegt bei 156 pro Minute - normal sind 77. Noch ein paar Sekunden, dann ist es geschafft. Am 20. Juli 1969 um 21.17 Uhr mitteleuropäischer Zeit, knapp 103 Stunden und mehr als 360.000 Kilometer nach dem Start, landet der "Adler" auf der Mondoberfläche.

Stunden vergehen, die letzten Vorbereitungen. Auf das "Meer der Ruhe" sind eine halbe Milliarde Augenpaare gerichtet. Und dann, um 3.56 Uhr, steht erstmals ein Mensch auf einem anderen Himmelskörper. Armstrong trägt sein altes Pfadfinderabzeichen unter dem Raumanzug, als er seine berühmten Worte spricht: "Es ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit". Armstrong macht ihn mit links. Wenige Minuten später folgt Edwin "Buzz" Aldrin.

Traum oder Schwindel?
Wie lunare Tanzbären sehen die Männer im Mond mit ihren klobigen Anzügen und ungeschickten Bewegungen in Zeitlupe aus, und ihre unfreiwilligen Tänzchen enden auch schon mal im Mondstaub. Sie hissen die "Stars and Stripes", die amerikanische Flagge, sammeln 27 Kilo Gesteinsproben. Nach sieben Tagen kehren sie als Helden auf die Erde zurück und erhalten die obligatorische Konfettiparade in den Hochhausschluchten von New York.

Alles nur ein Traum - oder gar der größte Schwindel der Menschheitsgeschichte? Bis heute halten sich die unvermeidlichen Verschwörungstheorien, Amerika habe die ganze Maschinerie seiner Kalte-Kriegs-Propaganda aufgeboten, um in geheimen Studios die verwaschenen Bilder und knisternden Lautsprechertöne von der vermeintlichen Mondoberfläche einzuspielen. Nach der Bush-Ära ist manches schwer Denkbare wieder leichter denkbar geworden.

Was bleibt von der Ära der Mondfahrt?
Schon bald nach dem Triumphzug von Apollo 11 wird es stiller um die Mondfahrt. Die Anfangseuphorie weicht Ernüchterung. Zwar landen bis Ende 1972 in fünf Apollo-Missionen noch zwölf Menschen auf dem Erdtrabanten, doch die Öffentlichkeit beginnt sich zu fragen: Was soll man so recht anfangen mit 381,9 Kilo Geröll und Sternenstaub? Wofür die hohen Kosten, wofür die Todesopfer wie die sieben Astronauten der "Challenger" 1986 und die sieben der "Columbia" 2003?

Was bleibt von der Ära der Mondfahrt? Die Teflon-Bratpfanne, der Herzschrittmacher - aber auch ein neues Bewusstsein für die Kostbarkeit des "blauen Planeten". Rückblickend war der Flug ganz weit weg vor allem eine Erweiterung des menschlichen Horizonts. Von Ferne blickte die Menschheit in den Spiegel - und sah auf die Grenzen des Wachstums.