Ab sofort tägliche Kontrolle - Atom-Kritiker: "Unglaubliche Fahrlässigkeit"

Auslaufmodell Asse

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zieht Konsequenzen aus der neuerlichen Entdeckung radioaktiv belasteter Lauge im Atommülllager Asse. Ab sofort werde es tägliche Kontrollgänge im Tiefenaufschluss, also an den tiefsten Stellen des Bergwerks geben, sagte BfS-Sprecher Werner Nording am Mittwoch auf ddp-Anfrage. Die Laugenansammlungen waren am Dienstagabend in 925 und 950 Meter Tiefe bei einer solchen Kontrolle festgestellt worden. Bislang hätten diese Rundgänge nur alle zwei Wochen stattgefunden, sagte Nording.

 (DR)

Die Fundstellen seien zu strengen Strahlenschutzbereichen erklärt worden. Sie dürften nur von bestimmten Mitarbeitern betreten werden, die mit Dosimetern ausgestattet würden. «Wir lassen sonst niemanden da rein», sagte Nording. BfS-Präsident Wolfram König erklärte dazu, man wolle durch «entsprechende Absperrmaßnahmen» verhindern, dass die radioaktiven Substanzen in andere Teile der Grube verschleppt würden.

Die Lauge ist den Angaben zufolge mit radioaktivem Cäsium 137 und mit Tritium belastet, die Werte lägen aber unter den Freigrenzen der Strahlenschutzverordnung. Die Flüssigkeit stammt nach BfS-Angaben aus Hohlräumen im Tiefenaufschluss, in die der frühere Asse-Betreiber Helmholtz Zentrum München zwischen 2005 und 2008 ohne Genehmigung radioaktiv kontaminierte Lauge geleitet hatte. Die Grenzwerte waren dabei um das bis zu Zwölffache überschritten worden. Die Lösungen würden nun «ausgepresst», weil das Gebirge in Bewegung sei und die Hohlräume zusammendrücke, hieß es seitens des Bundesamtes.

König bezeichnete die Zustände in der Asse vor allem wegen der ständigen Zuflüsse von Grundwasser als schwierig. Es sei eine Situation eingetreten, die in vielen Bereichen nur noch mit Gefahrenabwehr zu tun habe. Jede Erhöhung der Zuflussraten bedeute auch eine neue Instabilität. «Eines ist klar, dieses Endlager hätte nie für die Einlagerung von radioaktiven Abfällen benutzt werden dürfen», sagte König.

Aus Sicht von Atomkraftgegnern zeigen die Laugenfunde, «was passiert, wenn Atommüll mit Flüssigkeit in Verbindung kommt». Flüssiger Atommüll werde durch die mechanischen Verschiebungen unweigerlich aus dem Bergwerk gedrückt, sagte Udo Dettmann vom Asse-II-Koordinationskreis. Die Konsequenz sei, «dass radioaktiver Abfall trocken gelagert werden muss». Anstatt den Müll tief unter die Erde zu bringen, solle überlegt werden, ihn an der Oberfläche zu lassen.

«Die vom früheren Betreiber ohne strahlenschutzrechtliche Genehmigung in der Asse vergrabene radioaktiv verseuchte Lauge kommt zurück», sagte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagfraktion, Sylvia Kotting-Uhl. Der frühere Asse-Betreiber sei jahrelang «mit unglaublicher Fahrlässigkeit» vorgegangen und habe sich nicht um Vorschriften geschert. Kotting-Uhl bekräftigte die Forderung ihrer Partei nach einem Asse-Untersuchungsausschuss auch auf Bundesebene. Das Kontrollgremium müsse zu Beginn der neuen Legislaturperiode eingesetzt werden.