Herzliche Atmosphäre und klare Worte bei Papstaudienz für Obama

Charisma und offene Gespräche

Am Ende wirkten sie fast wie alte Freude, der 82-jährige Papst aus Bayern und der 47-jährige afroamerikanische Präsident der USA. Freundlich lächelnd begleitete Benedikt XVI. das Ehepaar Barack und Michelle Obama - sie mit schwarzem Kleid und schwarzem Kopfschleier - zum Ausgang seiner Privatbibliothek. Strahlend versicherte der Chef der politischen Weltmacht dem
Kirchenoberhaupt: "Uns erwartet eine große Zukunft." Darauf der
Papst: "Ich bete für Sie und für Ihre Arbeit." Ein Bericht aus Rom von Johannes Schidelko.

Gläubig: Barack Obama (hier mit Papst Benedikt XVI.) (KNA)
Gläubig: Barack Obama (hier mit Papst Benedikt XVI.) / ( KNA )

In herzlicher Atmosphäre fand der erste Besuch von US-Präsident Obama am Freitag im Vatikan statt. Im Anschluss an den G-8-Gipfel im mittelitalienischen L'Aquila kam er zum Antrittsbesuch beim Papst, um mit ihm über die politische Weltlage und über zentrale Fragen der Menschheit zu reden: von interreligiösem Dialog, Migrationsfragen, Drogenhandel, Erziehung zu Toleranz bis hin zum Lebensschutz. Ganz oben auf der internationalen Themenliste stand laut vatikanischem Schlusskommunique der Nahe Osten. Der Vatikan ist überzeugt, dass ein dauerhafter und gerechter Frieden zwischen Israelis und Palästinensern der Lage der Christen im Heiligen Land zugutekommt. Und hierüber war man sich mit dem US-Präsidenten weitgehend einig.

In besonderer Weise ging es bei dem 40-minütigen Gespräch aber um das Thema Lebensschutz, die große Zukunftsfrage aller Nationen - einschließlich dem Recht auf «Gewissensverweigerung», wie das Kommunique betont. In diesem Punkt dürften Papst und Präsident durchaus unterschiedliche Positionen vorgetragen haben. Denn dass die katholische Kirche und die neue US-Regierung gerade in Fragen Abtreibung und Stammzellforschung unterschiedlicher Ansicht sind, haben die vergangenen Monaten deutlich gezeigt. Der Präsident habe dem Papst versprochen, sich für einen Rückgang von Abtreibungen in den USA einzusetzen, teilte Vatikansprecher Federico Lombardi anschließend den Journalisten mit.

Es war ein offensichtlich sehr offener Meinungsaustausch - doch am Ende wirkten Papst und Präsident erleichtert und gelöst. Benedikt XVI. sei sehr zufrieden über das Gespräch und dessen Verlauf, ließ Lombardi wissen. Obama habe mit seinem «Charisma» alle beeindruckt, denen er im Vatikan begegnet sei. Umgekehrt war auch für Obama die Begegnung mit dem Papst sehr wichtig, wie ein Sprecher des Weißen Hauses unmittelbar vor der Audienz hervorhob; denn die Worte des Papstes hätten tiefe Auswirkungen für die ganze Welt.

Zudem hat der Präsident natürlich die US-Katholiken im Blick, von denen er in den vergangenen Monaten auch manche Kritik gehört hatte. Als Geste des guten Willens hatte Obama vor wenigen Wochen einen Theologen als Botschafter zum Heiligen Stuhl entsandt: Miguel H. Diaz, der an diesem Nachmittag zu seinem Gefolge gehörte. Ein Signal dafür, dass der Regierung in jedem Fall sehr an einem guten Einvernehmen mit dem Vatikan gelegen ist.

Obama war vom Besuch im Vatikan sichtlich beeindruckt. Das stilvolle Zeremoniell, der historische Vatikanpalast, die Fresken und Gemälde entlang der weiten Flure imponierten dem Gast aus Washington. Noch beim Hinausgehen ließ er sich einige der berühmten Bilder erklären. Und natürlich bewegte ihn offensichtlich die Audienz beim Papst.

Während der Präsident bei der Ankunft aufgeräumt scherzte, wirkte er am Ende ernster und nachdenklicher. Dann aber boten die Vorstellung der Familie - Gattin, Kinder, Schwiegermutter - und der Austausch von Geschenken wieder Gelegenheit, Atmosphäre zu schaffen. Strahlend verließ Obama den Vatikan - in Richtung Ghana.


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