G8-Staaten und Schwellenländer bekennen sich zum Kampf gegen Erderwärmung - Zwei-Grad-Ziel vor Augen

Zumindest auf dem Papier

Der Klimaschutz kommt zumindest in Absichtserklärungen weltweit voran. Auf dem Gipfel der sieben führenden Industrienationen und Russlands, der am Mittwoch im italienischen L'Aquila begann, haben sich die G8-Staaten zu ihrer Vorreiterrolle im Kampf gegen die Erderwärmung bekannt. Wichtige
Schwellenländer wie Indien und China akzeptierten zudem erstmals,
dass auch sie den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren müssen. Die Erwärmung soll auf zwei Grad begrenzt werden.

 (DR)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wertete die Klimabeschlüsse
des G8-Gipfels als «deutlichen Schritt nach vorn». Es sei «nach
langem Ringen» gelungen, dass sich alle G8-Staaten dafür aussprechen,
den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf maximal zwei
Grad Celsius zu begrenzen.

Dabei gehen die Industriestaaten über die Bekräftigung des
allgemeinen Ziels einer 50-prozentigen Reduzierung der Treibhausgase
bis 2050 hinaus. In L'Aquila gaben sie eine Selbstverpflichtung für
eine mindestens 80-prozentige Verringerung des CO2-Ausstosses ab.
Zudem gelte es, den Höhepunkt der Schadstoffemissionen möglichst
rasch zu überwinden.

Das positive Ergebnis sei insbesondere einer Trendwende in den USA
zu verdanken, hob die Kanzlerin hervor. Dank Präsident Barack Obama
wollten die USA ebenfalls den Erfolg der Klimakonferenz von
Kopenhagen. Dort soll im Dezember eine Nachfolgevereinbarung des 2012
auslaufenden sogenannten Kyoto-Protokolls ausgehandelt werden. Bis
dahin sei «noch eine Menge Arbeit zu leisten». Obama lege aber Wert
darauf, dass «er das, was er versprochen hat, auch einhalten kann»,
betonte Merkel.

Auch bei den Fragen der Weltwirtschaft habe der G8-Gipfel
deutliche Fortschritte gebracht, fügte die Kanzlerin hinzu. So solle
die Arbeit an einer internationalen Finanzverfassung fortgeführt
werden. Außerdem sei man sich einig gewesen, in der Zeit nach der
Krise wieder zu einer «nachhaltigen Haushaltsführung» zurückzukehren.

Das dreitägige Spitzentreffen in der Erdbebenregion der Abruzzen
wird am Donnerstag um wichtige Schwellenländer wie Brasilien, China,
Indien, Mexiko, Südafrika sowie Australien, Indonesien und Südkorea
erweitert. Bei Vorberatungen in Rom hätten auch die 17
Mitgliedstaaten des «Major Economies Forum» (MEF) bereits anerkannt,
dass die globale Durchschnittstemperatur nicht über zwei Grad Celsius
steigen dürfe, gab Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) bekannt.
Auch die Schwellenländer seien bereit, den CO2-Ausstoß zu verringern.

Gemischte Reaktionen auf G-8-Klimavereinbarung
Die Einigung der G-8-Staaten auf ein gemeinsames Klimaschutzziel stößt bei Umweltorganisationen und Klimaexperten auf gemischte Resonanz. Greenpeace äußerte sich enttäuscht. Die Staats- und Regierungschefs hätten es versäumt, eine Führungsrolle einzunehmen, sagte Klima-Experte Tobias Münchmeyer am Donnerstag am Tagungsort der G-8 in L'Aquila dem epd. Immer noch fehlten kurzfristige Zusagen für den Klimaschutz.

Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber, begrüßte den Beschluss der G-8-Staaten, die globale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Dies sei ein entscheidender Schritt, sagte Schellnhuber im RBB-Inforadio. Auf dieser Grundlage könne berechnet werden, wie stark jedes Land seinen Ausstoß von Treibhausgasen senken müsse.

Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, müssen die EU-Länder laut Schellnhuber bis 2020 ihren CO2-Ausstoß um 40 Prozent reduzieren. Die USA sollten in demselben Zeitraum ihre Emissionen um zehn Prozent senken. Mehr sei vorerst nicht zu verlangen, weil die Vereinigten Staaten während der Präsidentschaft von George W. Bush «ein ganzes Jahrzehnt beim Klimaschutz verloren» hätten, sagte der Wissenschaftler.

Greenpeace-Experte Münchmeyer kritisierte, dass dabei kein Basisjahr festgelegt wurde, an dem die CO2-Minderung gemessen werden soll: «Das ist der Pferdefuß des Dokuments.» Die G-8 bezögen ihre Berechtigung daraus, dass sie mit gutem Beispiel vorangehen. «Dabei haben sie kläglich versagt», resümierte Münchmeyer.

Auch der Grünen-Politiker Thilo Hoppe forderte die Industriestaaten dazu auf, bei der Reduzierung kräftig voranzugehen. «Nur wenn sie diese Bereitschaft zeigen, werden auch die Schwellenländer unter Druck geraten und Bereitschaft zeigen, ihrerseits Reduzierungsziele fest zu verankern», sagte Hoppe, Vorsitzender des Entwicklungsausschusses des Bundestages, im Deutschlandradio. Der Politiker verlangte eine massive Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Anpassung an den Klimawandel. «Was zum Beispiel nicht geht, ist, dass die Weltbank günstige Kredite zur Verfügung stellt zum Bau neuer Kohlekraftwerke.»

Die Umweltorganisation WWF betonte Licht und Schatten der G-8-Vereinbarung. «Die Einigung ist vielleicht ein großer Schritt für die G-8, aber leider nur ein kleiner Schritt für das Klima», sagte Expertin Regine Günther in Berlin. Die G-8 hätten zwar anerkannt, dass sie die weltweite Temperaturerhöhung auf zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten begrenzen müssten. Dies sei ein positiver Beitrag für die UN-Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen. Jedoch fehlten klare Aussagen, wie dieses Ziel erreicht werden soll.