Der Staatsstreich in Honduras im Stil der 60er Jahre wird international verurteilt

Panzer in Tegucigalpa

Nach dem Staatsstreich ist die Lage in Honduras angespannt. Anhänger von Präsident Manuel Zelaya protestieren gegen dessen gewaltsame Absetzung durch die Armee. Die neue Führung reagiert mit Verboten und militärischer Präsenz.

Autor/in:
Matthias Knecht
 (DR)

Es war eine Szene wie aus vergangen geglaubten Zeiten: Am Sonntag im Morgengrauen nahm ein Kommando der honduranischen Armee die Privatresidenz von Präsident Manuel Zelaya 20 Minuten lang unter Beschuss. Einer seiner Leibwächter soll dabei ums Leben gekommen sein. Dann nahmen maskierte Soldaten den 56-jährigen Zelaya fest, der noch im Pyjama war. "Das ist ein Staatsstreich im Stil der 60er Jahre", empört sich Ecuadors Präsident Rafael Correa. Doch anders als im Kalten Krieg wird der Putsch heute international einhellig verurteilt.

Wie aus alten lateinamerikanischen Zeiten klingt dagegen die Rechtfertigung für den Militärputsch. Honduras' Präsident Zelaya sei eine Marionette des linken venezolanischen Staatschefs Hugo Chávez und daher eine Gefahr für das Land, sagte der honduranische General im Ruhestand, Daniel López, dem US-Sender CNN. Damit spielte er auf den erstaunlichen Linksruck Zelayas an, der 2005 als Kandidat der rechtsgerichteten Liberalen Partei gewählt wurde. Kaum hatte er sein Amt angetreten, entdeckte Zelaya seine Sympathien für Chávez in Venezuela und kopierte zunehmend dessen Politikstil.

Ausland nimmt gewaltsamen Machtwechsel nicht mehr hin
Jetzt beherrschen Panzer das Straßenbild von Tegucigalpa, wie 1973 in Chile, wie 1976 in Argentinien. Oder wie zuletzt 1974 und 1977 in Honduras, als Putsche zugunsten der Interessen von US-Bananenkonzernen dem Land den Beinamen "Bananenrepublik" einbrachten.

Doch anders als früher nimmt das Ausland einen gewaltsamen Machtwechsel nicht mehr hin. In seltener Einstimmigkeit verurteilte die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) den Staatsstreich in Zentralamerika und forderten die Wiedereinsetzung Zelayas. Auch die Europäische Union reagierte sofort. In einer gemeinsamen Erklärung forderten die 27 Außenminister die "Rückkehr zur Verfassungsnormalität".

Die neue Rolle der USA
Auch Chávez reagierte: Er beschuldigte das "nordamerikanische Imperium", hinter dem Machtwechsel in Honduras zu stecken. Venezuela und weitere links regierte Länder in Lateinamerika stünden in "Kampfbereitschaft".

Doch die USA, die früher Staatsstreiche in Lateinamerika offen oder verdeckt unterstützen, spielen heute eine andere Rolle. Das Brookings Institute, eine den Demokraten nahestehende Denkfabrik in Washington, forderte Präsident Barack Obama auf, sich energisch für die Wiedereinsetzung Zelayas einzusetzen. Nur so könne er verhindern, dass die Ereignisse in Honduras dem ambitionierten Linkspolitiker Chávez in die Hände spielen, erklärte das Institut.

Obama vermied bisher das Wort "Staatsstreich", zeigte sich aber "tief besorgt" und forderte die Einhaltung demokratischer Spielregeln. Hohe Beamte in Washington deuteten an, Obama werde die Putschregierung von Roberto Micheletti in Honduras nicht anerkennen.

Staatsstreich wegen Volksbefragung
Zelaya war kurz vor dem Beginn einer von ihm gewollten Volksbefragung am Sonntag festgenommen worden. Die Armee stoppte die Abstimmung, mit der der Präsident den Weg für eine Verfassungsänderung ebnen wollte, die eine Wiederwahl des Staatschefs ermöglicht. Im November hätte darüber letztlich das Volk in einem Referendum entscheiden sollen. Zelaya betonte noch am Vorabend seines Sturzes, er selbst strebe keine Wiederwahl an. Doch das Parlament, die Gerichte und seine eigene Partei waren gegen die Volksbefragung.

Der Staatsstreich fand schließlich mit Unterstützung des Obersten Gerichts statt, das der Armee den Auftrag zur Absetzung Zelayas gab. Unterstützt wurde er auch vom Parlament, das nahezu einstimmig Zelayas Erzrivalen Roberto Micheletti zum Übergangspräsidenten wählte - nach einer mutmaßlich gefälschten Rücktrittserklärung Zelayas. Micheletti sprach in seiner Antrittsrede von einem "demokratischen Akt".

Im Gegensatz zum Ausland begrüßten in Honduras viele die Absetzung Zelayas. Der Menschenrechtsbeauftragte des Landes, Ramón Custodio, sprach von einem legalen Machtwechsel. Das Militär habe nur geholfen, die verfassungsgemäße Zivilregierung wiederherzustellen, die unter Zelayas zunehmend autoritärer Regierung nicht mehr funktioniert habe. "Wir kehren zur verfassungsgemäßen Ordnung zurück. Es war unmöglich, mit dieser autoritären Person weiterzumachen", sagte er. Im Exil in Costa Rica widersprach Zelaya: "Wegen einer Volksbefragung lässt sich kein Staatsstreich rechtfertigen."