Studie über "Kirchliche Sinnangebote im Web 2.0" veröffentlicht

Der Papst bei Facebook

Von Gottesdienstterminen im Internet bis zu Papstbotschaften auf Youtube: Immer häufiger werden Online-Netzwerke, Videoportale und Blogs für religiöse Inhalte genutzt. Was das für die künftige Medienstrategie der katholischen Kirche bedeuten kann, ist ein Thema einer neuen Studie mit dem Titel "Kirchliche Sinnangebote im Web 2.0".

Autor/in:
Michael Kinnen
Mit pope2you.net ist der Papst selber schon eine Weile online (DR)
Mit pope2you.net ist der Papst selber schon eine Weile online / ( DR )

Die am Montag unter Leitung des Religionspädagogen und Mediendidaktikers Bernd Trocholepczy in Frankfurt vorgestellte Untersuchung stützt sich dabei auf durchaus eindrucksvolle Fakten.

"Fast jeder zweite religiös interessierte Internetnutzer ist mittlerweile innerhalb bestehender Online-Netzwerke wie StudiVZ, Facebook oder wer-kennt-wen Mitglied einer religiösen Gruppe", so der Medienforscher von der Universität Frankfurt. Unter denen, die jünger als 25 sind, seien es sogar fast 80 Prozent. Insbesondere die Möglichkeiten, selbst Inhalte ins Internet einzustellen und nicht nur die Inhalte anderer Anbieter abzurufen, werden den Angaben des Experten zufolge intensiv genutzt.

Auch die Amtskirche nutzt diese mit dem sogenannten Web 2.0 in Zusammenhang stehenden Kommunikationsformen laut Trocholepczy immer häufiger. Während bislang vor allem von Einzelpersonen und privaten Anbietern religiöse Inhalte in den verschiedenen interaktiven Foren eingestellt wurden, seien nun auch nach und nach offizielle Kirchenangebote zu finden - interaktiv und über die bisherigen Informationsangebote und Dokumentationen hinausgehend.

Der Papst für dich
Prominentes Beispiel ist der im Januar vom Vatikan gestartete eigene Kanal auf der Videoplattform Youtube. Kurze Videos von Generalaudienzen des Papstes, von Gottesdiensten oder Ansprachen bei kirchlichen Ereignissen sind nun dort zu finden. Nutzer können darüber hinaus mit der Handykamera selbst gedrehte Videos einstellen. Im Mai startete zudem die Vatikan-Plattform pope2you.net, zu deutsch: Der Papst für dich. Auch hier können sich vor allem junge Internet-User austauschen. Passend dazu ist der Papst in dem Online-Netzwerk Facebook seit kurzem mit einer eigenen Seite zu finden.

Für Trocholepczy kann das aber nur der Anfang sein: "Der biblisch überlieferte Auftrag Jesu - in Bezug auf das Internet würde er heute
lauten: Geht hin in die Communities, da wo die jungen Leute sind, da wo über die Themen diskutiert wird, die auch die Kirche bewegen." Im Internet ließe sich eine Zielgruppe ansprechen, die sonst nur schwer zu erreichen sei. Die Technik ist dabei nicht mehr das Problem, sagt Trocholepczy-Mitarbeiter Jürgen Pelzer. "Der Aufwand, das haben unsere Einzelinterviews gezeigt, ist dank vereinfachter Technik mittlerweile sehr gering und einschätzbar." Spezielle Software sei nicht mehr nötig.

Bedürfnis nach verstärkter virtueller Kommunikation
Ein grundsätzliches Bedürfnis nach verstärkter virtueller Kommunikation seitens der Kirche ist den Erkenntnissen der Forscher zufolge vorhanden. Rund 59 Prozent der im Zuge der Studie Befragten fordern mehr Multimedialität, insgesamt wünschen sich 69 Prozent eine größere Präsenz der Kirche in Online-Gemeinschaften. Ob in diesem Zusammenhang auch Amtsträger deutlicher Initiative zeigen sollten, bleibt allerdings umstritten. Nur etwas mehr als die Hälfte, nämlich 56 Prozent der Befragten, sind dafür. Die anderen lehnen dies eher ab.

Allgemein stoßen offenbar vor allem bewegte Bilder auf großes Interesse. Insofern bieten die Ergebnisse der von der in Kassel ansässigen Bruderhilfe-Pax-Familienfürsorge - ein Versicherer im Raum der Kirchen - in Auftrag gegebenen Studie auch Hinweise für einen möglichen kirchlichen Fernsehkanal. Dieser erscheint der Arbeitsgruppe um Trocholepczy aber nur in Verbindung mit einem entsprechenden Web-Angebot sinnvoll, um ein möglichst breites Publikum zu erreichen. Die Autoren der Studie gingen mit gutem Beispiel voran. Die Präsentation im Beisein des Medienbischofs der Deutschen Bischofskonferenz, Gebhard Fürst, wurde live im Internet übertragen. Und war damit laut Angaben der Organisatoren die erste Online-Pressekonferenz im kirchlichen Bereich.