Präsidentschaftswahlen im Iran

Willkürjustiz, Folter, Diskriminierung

Morgen entscheidet sich, ob Mahmud Ahmadinedschad Präsident im Iran bleibt. Drei weitere Kandidaten stehen zur Wahl. Im Vorfeld hatte das katholische Hilfswerk "Kirche in Not" zum Gebet für die im Iran lebenden Christen aufgerufen. Menschenrechtler melden eine steigende Zahl von Hinrichtungen.

 (DR)

Wie die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mitteilte, wurden allein im Mai 52 Todesurteile vollstreckt. Häufig würden die Urteile von Sondergerichten im Schnellverfahren gesprochen, sodass die Betroffenen kaum die Möglichkeit hätten, sich zu verteidigen, kritisierte GfbV-Nahostreferent Kamal Sido. Er forderte die Abschaffung der Todesstrafe.

Laut Amnesty International (ai) wurden im vergangenen Jahr mindestens 346 Menschen hingerichtet. Es gebe überdies eine hohe Dunkelziffer, erklärte ai in Berlin. Zugleich beklagte ai, dass auch zum Tatzeitpunkt Minderjährige zum Tode verurteilt würden. Beide Organisationen beurteilen die Menschenrechtslage im Iran insgesamt als kritisch und listen eine Vielzahl von Beispielen für Willkürjustiz, Folter und Diskriminierung auf.

Am Freitag wählen die Iraner einen neuen Präsidenten. Zur Wahl stehen Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad sowie drei weitere Kandidaten. Den Angaben von ai zufolge wurden zahlreiche Bewerber, darunter 42 Frauen, nicht zur Wahl zugelassen. Die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit seien in dem Land weiterhin stark eingeschränkt.

Verschärfte Zensur
Das katholische Hilfswerk "Kirche in Not" ruft anlässlich der Präsidentschaftswahlen im Iran am 12. Juni zum Gebet für die dort lebenden Christen auf. "Kirche in Not" erinnert daran, dass die Religionsfreiheit im derzeitigen neo-theokratischen System des Iran nicht gewahrt ist. Erst im September 2008 habe das iranische Parlament eine weitere Verschärfung der Gesetzgebung gegen die Religionsfreiheit auf den Weg gebracht. Das geplante neue Gesetz würde die Todesstrafe für den "Glaubensabfall vom Islam" erstmals auch gesetzlich festlegen. Bisher habe ein Glaubenswechsel für Muslime vor allem eine schwere soziale Ächtung bis hin zu Morddrohungen und Gewaltanwendung von Familienmitgliedern zur Folge gehabt. Mit dem neuen Gesetz würde die von den Sicherheits- und Justizbehörden des Iran bereits jetzt geduldete Selbstjustiz auch rechtlich abgesichert, fürchtet "Kirche in Not".

In der Regierungszeit von Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad ist auch die Zensur im Iran nach Beobachtung des Hilfswerks weiter verschärft worden. Der Präsident sei auch mit einer sogenannten "Kampagne gegen die Unmoral" massiv gegen Internetnutzer und das Satellitenfernsehen im Land vorgegangen, so "Kirche in Not". Repräsentanten des schiitischen Systems fürchteten den Einfluss der freien Information über Internet und Satelliten-TV.

"Kirche in Not" machte darauf aufmerksam, dass in der heutigen iranischen Verfassung - zum Unterschied von allen Reformverfassungen des Landes ab dem späten 19. Jahrhundert - festgelegt sei, dass sämtliche Gesetze auf islamischen Grundsätzen basieren müssten. Nur drei religiöse Minderheiten, nämlich Christen, Juden und Zoroastrier, seien durch Artikel 13 der Verfassung offiziell anerkannt, andere Minderheiten - wie die Bahais - würden oft schwerwiegend diskriminiert.