US-Präsident Obama besucht Deutschland

17 Stunden Dresden

64 Jahre nach der Befreiung des NS-Konzentrationslagers Buchenwald durch amerikanische Truppen hat US-Präsident Barack Obama am Freitag die heutige Gedenkstätte auf dem Ettersberg bei Weimar besucht. (Hören Sie Jens-Christian Wagner von der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald im domradio-Interview.) Zuvor war Obama in Dresden.

 (DR)

Begleitet wurde Obama bei seinem Buchenwald-Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie dem Präsidenten des Buchenwald-Komitees, Bertrand Herz. Die Führung durch das Lager, in dem in der Zeit des Nationalsozialismus eine viertel Million Menschen eingesperrt waren, übernahm der 80-jährigen Holocaust-Überlebende und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel.

Begrüßt wurde Obama am Eingang des früheren Konzentrationslagers von jungen freiwillig Friedensdienstleistenden. Danach legte der US-Präsident am Denkmal für die Buchenwald-Opfer eine weiße Rose nieder. Zusammen mit Merkel, Wiesel und Herz verharrte er für eine Schweigeminute in ehrendem Gedenken.

Anschließend besichtigte Obama die Überreste des sogenannten Kleinen Lagers. Dieser Außenbereich Buchenwalds wurde mit der Ankunft von Massentransporten aus den Lagern Auschwitz/Groß-Rosen 1944/45 zu einem Sterbe- und Siechenort.

Im Konzentrationslager Buchenwald waren von 1937 bis 1945 mehr als 250 000 Menschen eingesperrt. Etwa 56 000 Häftlinge starben an den unmenschlichen Bedingungen im Lager, der Zwangsarbeit oder wurden von den Nationalsozialisten umgebracht. Von diesen NS-Verbrechen berichtete Elie Wiesel Obama aus eigener Erfahrung.

Der Besuch von Buchenwald geht auf einen Wunsch Obamas zurück. Es sei ihm auch ein persönliches Anliegen, sagte der US-Präsident. Sein Großonkel Charles Payne habe zu jener US-Einheit gehört, die im April 1945 das Zwangsarbeiterlager Ohrdruf befreite, eine Außenstelle des Konzentrationslagers in der Nähe von Weimar. Es habe viel Zeit gebraucht, bevor sein Großonkel diese barbarischen Eindrücke verarbeiten konnte.

«Enger Freund und entscheidender Partner»
Nach einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitagvormittag in Dresden lobte US-Präsident Barack Obama Deutschland als «engen Freund und entscheidenden Partner». Im Mittelpunkt des rund eineinhalbstündigen Treffens standen die Lage im Nahen Osten, die Situation in Afghanistan und Pakistan sowie die Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise. Gerüchte über Verstimmungen zwischen ihm und der Kanzlerin wies Obama als «wilde Spekulationen» zurück.

Mit Blick auf den Nahostkonflikt betonte Merkel, Deutschland habe ein «großes Interesse» an Frieden in der Region und Sicherheit für Israel. Mit Obamas «bedeutender» Rede in Kairo gebe es nun eine «einzigartige Möglichkeit», den Friedensprozess neu zu beleben. Obama bekräftigte wie Merkel die Notwendigkeit einer Zwei-Staaten-Lösung. «Der Zeitpunkt ist gekommen, wir müssen handeln», mahnte der US-Präsident. Israelis und Palästinenser seien gefordert, «schwierige Kompromisse» einzugehen.

Erneut sprach sich Obama für klare Fortschritte in der nuklearen Abrüstung aus. Unter Verweis auf das umstrittene iranische Atomprogramm sagte er: «Wir müssen ein nukleares Wettrüsten im Nahen Osten unbedingt vermeiden.» Auch hier könne Deutschland «ein entscheidender Partner» sein. Zudem kündigte Obama an, im Sommer nach Russland zu reisen, um über die Reduzierung der Nukleararsenale zu verhandeln. «Wir sollten zu unseren Lebzeiten erreichen, die Gefahr zu verringern.»

«Diese Rezession kennt keine Grenzen»
Merkel und Obama plädierten übereinstimmend dafür, tief greifende Konsequenzen aus der Wirtschafts- und Finanzkrise zu ziehen. «Diese Rezession kennt keine Grenzen», hob Obama hervor. Daher müsse die Aufsicht über Finanzmärkte verstärkt werden, damit es nie wieder eine solche Krise gebe. Der US-Präsident versicherte zugleich, die Vereinigten Staaten wollten alles tun, um einen Aufschwung herbeizuführen. Im Übrigen freue er sich sehr, dass eine Lösung für den deutschen Autobauer Opel erreicht werden konnte.

Die Kanzlerin hatte den US-Präsidenten am Vormittag im Hotel Taschenbergpalais Kempinski in der Dresdner Altstadt begrüßt. Von dort aus gingen sie zum Grünen Gewölbe des Residenzschlosses, wo sie sich zum Vier-Augen-Gespräch zurückzogen. Nach einer gemeinsamen Pressekonferenz und der Besichtigung der berühmten Frauenkirche wollten die Kanzlerin und Obama nach Thüringen weiterreisen, wo am Nachmittag die Besichtigung des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald auf dem Programm stand.

Der Präsident sagte, er habe auch ein persönliches Interesse an diesem Besuch, da sein Großonkel bei der Befreiung der Außenstelle Ohrdruf dabei war. Der damals etwa 20-jährige Bruder seiner Großmutter habe den Schock darüber, was er dort gesehen habe, lange nicht verwinden können. Gleichzeitig sei aber aus dieser Tragödie ein vereintes Europa hervorgekommen und ein Deutschland, das ein enger Partner Israels ist, betonte Obama. Merkel fügte hinzu, der gemeinsame Besuch dieser Gedenkstätte in einem vereinigten Deutschland zeige, «was Geschichte möglich macht, wenn genügend Menschen an die Freiheit glauben».