Kardinal Meisner und 70 Priester missionieren auf der Straße

"Wir sind von der katholischen Kirche"

Kardinal Joachim Meisner hat sich in eine Umgebung begeben, in der man ihn eigentlich nicht erwartet. Auf dem Carlsplatz in der Düsseldorfer Innenstadt geht er auf eine Gruppe Männer an einem Bierstand zu. "Wir sind von der katholischen Kirche", stellt der Kölner Erzbischof sich und seine beiden Begleiter vor, das Ehepaar Lucia und Tobias Bösing. Die drei haben sich am Donnerstagnachmittag im Rahmen der "Missionale Düsseldorf 2009" auf den Weg gemacht, um gemeinsam mit wildfremden Menschen auf der Straße über Gott und Glauben ins Gespräch zu kommen.

Autor/in:
Andreas Otto
Straßenmission: Hier Kardinal Meisner in Düsseldorf (DR)
Straßenmission: Hier Kardinal Meisner in Düsseldorf / ( DR )

Es ist ein Treffen ehemaliger Kollegen, an die der Kardinal da geraten ist. Er räumt ein, dass der «erste Schritt über die Schwelle» gar nicht leicht sei. Aber er treffe ja «Freunde und Bekannte», denn schließlich seien doch alle Menschen «Kinder Gottes». Einer aus der Runde outet sich als evangelischer Christ, der andere lobt die jüngste öffentliche Kritik des Kardinals an der DDR-Nostalgie. «Mir kann keiner was vormachen», lässt sich der Erzbischof über seine Jahrzehnte im Kommunismus aus. «Ohne Gott hätte ich diese Zeit nicht mit geradem Rücken durchgestanden.»

Mit ihren rund 400 Veranstaltungen ist die bis Fronleichnam dauernden elftägige Missionale in der Landeshauptstadt ein neuartiger Versuch der Glaubensweitergabe, dem seitens der Verantwortlichen Modellcharakter zugeschrieben wird. Und die sogenannte Stadtkatechese bildet darunter vielleicht die ungewöhnlichste Initiative. Außer der Gruppe um den Erzbischof sind 70 Teams in der gesamten Stadt unterwegs; jeweils ein Geistlicher aus dem Priesterrat des Erzbistums hat sich mit einem oder zwei Laien aufgemacht.

Auf der «Kö» sucht Dechant Thomas Iking aus Brühl Kontakt zu den Passanten - für ihn «ein Experiment». Schließlich sei er sonst eher im «backstage»-Bereich tätig und nicht an vorderster Front. Seine Begleiterin Lis Arntraud Dieterich aus Düsseldorf findet sich in einer «hammerharten Prüfung» wieder - denn auf der glitzernden Geschäftsmeile seien «alle scharf auf Klamotten, nicht aber auf Geistliches». Dennoch: Eine Passantin lässt sich überreden, zieht aus einer Dose einen Zettel mit einem Sinnspruch. Und schon redet sie über ihren erwachsenen Sohn, der die Konfession ihres Mannes annehmen und katholisch getauft werden musste, obwohl sie sich doch überwiegend um die Erziehung des Kindes kümmern musste. Persönliche Erfahrungen mit der Kirche, auch Kirchenkritisches bleibt in dem oft kurzen Hin und Her nicht außen vor.

Auch Weihbischof Rainer Woelki ist auf die Straße gegangen. Er trifft auf drei Abiturientinnen, die sich als Mitglieder einer Freikirche offenbaren und selbst Erfahrungen haben, mit Musik und Liedern zu missionieren. «Immer freundlich sein und nicht aufdringlich», geben sie Woelki strategische Tipps. Überhaupt gestaltet sich die Passanten-Ansprache vielfach auch als überkonfessionelle Begegnung. Kardinal Meisner trifft auf eine Russin. «Ich weiß nicht, wer sie sind», meint sie zum Erzbischof und betont, «orthodox gläubig» zu sein. Das sei «sehr verwandt» mit dem katholischen Glauben, antwortet der Kardinal. Ein paar Schritte weiter redet die Betreiberin des «Saftladens» über ihre griechisch-orthodoxe Bindung.

Nicht immer gelingt ein Gespräch. Weihbischof Woelki bekommt auf sein Gesprächsangebot auch schon mal ein kräftiges «Nein» zu hören. Ein Jugendlicher aus Siegen berichtet ihm aber, bei seiner Konfirmation auch getauft worden zu sein. Mehr will er aber nicht sagen und weitergehen - schließlich sei es doch windig draußen und seine Frisur mit den hoch gestylten Haaren «geht sonst noch kaputt».