Vollversammlung des Katholikenkomitees verabschiedet Resolution an Bischöfe - Lammert will deren Einfluss beschränken

"Vertrauen wieder herstellen!"

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hat bei seiner Vollversammlung alle Personalentscheidungen auf den Herbst verschoben. Die Delegierten reagierten damit am Freitag in Berlin auf das Nein der katholischen Bischöfe zu Vizepräsident Heinz-Wilhelm Brockmann als einzigem Kandidaten für die Nachfolge von ZdK-Chef Hans Joachim Meyer. Brockmann kündigte an, weiter kandidieren zu wollen. Bundestagspräsident Norbert Lammert fordert einfache Mehrheit der Bischöfe.

Einstimmigkeit im Zentralkomitee: Die Delegierten des ZdK (KNA)
Einstimmigkeit im Zentralkomitee: Die Delegierten des ZdK / ( KNA )

In einer fast einstimmig beschlossenen Erklärung äußerte die oberste katholische Laienvertretung Unverständnis über die Entscheidung der Bischöfe und kündigte «intensive Gespräche» an, um das gegenseitige Vertrauen wieder herzustellen. Auch der Geistliche Assistent des ZdK, der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst, warb in der Debatte um weitere Gespräche. Laienengagement sei «ein großer Schatz für unsere Kirche». Er sei mit der aktuellen Lage «alles andere als glücklich».
Jetzt sei zwischen beiden Seiten «Vertrauensarbeit» statt Anfeindung notwendig. Gründe für das Nein könne er nicht nennen, so Fürst, die Abstimmung der Bischöfe sei auch geheim gewesen.

Zu Beginn der Beratungen bewertete Meyer die Lage des ZdK als beispiellos in der gut 140-jährigen Geschichte des Laiengremiums. Die Ablehnung Brockmanns durch einen Teil der Bischöfe treffe das gesamte Gremium. Zugleich wandte sich Meyer entschieden dagegen, von einem Konflikt «zwischen dem Zentralkomitee und den Bischöfen» zu sprechen, und warnte vor Zorn. Unüberlegtes Handeln könne aber die Existenz des Laiengremiums gefährden.

In der Aussprache plädierten mehrere prominente Delegierte für eine selbstkritische Analyse und eine Findungskommission für den künftigen Präsidenten, die nicht mit dem Präsidium identisch sei.

Hermann Kues, Familien-Staatssekretär der Bundesregierung, sprach von einer schweren Krise des Laiengremiums. Der CDU-Politiker, der vor wenigen Wochen seine Bereitschaft zur Kandidatur zum Präsidentenamt zurückgezogen hatte, kritisierte das ZdK-Präsidium. Es sei bei der Kandidatenauswahl befangen gewesen, da Brockmann dem Gremium selbst angehöre. Entwicklungs-Staatsekretärin Karin Kortmann (SPD), die von tiefer persönlicher Verletzung sprach, plädierte ebenfalls für eine unabhängige Findungskommission und mehrere Kandidaten.

In der teils turbulenten Debatte sagte der Bamberger Diözesanrats-Vertreter Bernhard Mauser, eine «Sperrminorität» der Bischöfe wolle den Laien «den Krieg erklären». Dies stieß ebenso wie seine Formulierung, es handele sich um eine «Scharia auf katholisch», auf Buhrufe der Delegierten und wurde von Sitzungsleiterin, ZdK-Vizepräsidentin Magdalena Bogner, gerügt.

ZdK-Mitglied und SPD-Politiker Wolfgang Thierse sprach von einem Affront. Der langjährige bayerische Landtagspräsident Alois Glück (CSU) rief das Gremium zur kritischen Selbstreflexion auf. Heute müsse es um gesellschaftliche Mitsprache in Zeiten des Umbruchs und weniger um innerkirchliche Problembewältigung gehen. Mehrere Redner bemängelten die Vielzahl an Papieren des Laienkomitees, die dann kaum öffentliche Aufmerksamkeit fänden.

Lammert: Einfache Mehrheit der Bischöfe sollte reichen
Bundestagspräsident Norbert Lammert hat dazu aufgerufen, die bischöfliche Zustimmung zum Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zu überdenken. Sicher sprächen «gute Gründe» für die Einbeziehung der Bischöfe, sagte er vor der ZdK-Vollversammlung. Aber auch unter Katholiken könne man darüber streiten, ob sie notwendig sei. Ein deutscher Bundeskanzler werde mit einfacher Mehrheit gewählt. Da erscheine es ihm übertrieben, dass der Präsident des Katholikenkomitees die Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe brauche.

Das Nein der Bischöfe zum einzigen Kandidaten für das Amt des ZdK-Präsidenten, Heinz-Wilhelm Brockmann, hat nach Einschätzung Lammerts Wirkungen über den Raum der Kirche hinaus. Die Verschiebung der Präsidentenwahl habe nicht nur innerkirchlich Bedeutung, sondern wirke auch in die Politik hinein. Das ZdK sei seit Jahrzehnten eine der mächtigen Institutionen des Landes und stehe für rund 25 Millionen Menschen.

Die aktuelle Situation zähle «sicher nicht zu den Höhepunkten» in der Geschichte des ZdK, meinte Lammert. Das Ansehen von Kirche werde dadurch nicht gestärkt, «weder nach innen noch nach außen». Der CDU-Politiker erinnerte daran, dass die bisherigen ZdK-Präsidenten hohe persönliche Ausstrahlung mitgebracht hätten sowie Mittler zwischen Gesellschaft und Kirche gewesen seien. Dankbar äußerte er sich für das Engagement des nun im Amt bleibenden Präsidenten Hans Joachim Meyer.

Der Bundestagspräsident verwies auch auf die Verfahren bei der Ernennung von Bischöfen in der Kirche. Zweifel, ob «Gewählte oder Erwählte den Aufgaben in vollem Umfang genügen, wird es immer wieder geben». Das gelte im politischen wie im kirchlichen Bereich. Dann müssten Zweifel auch in beiden Bereichen geäußert werden dürfen.

Bei der ersten ZdK-Vollversammlung in Berlin seit vielen Jahren geht es auch um eine Erklärung zu den anstehenden politischen Wahlen 2009. Dazu wird am Nachmittag als Gastredner Bundestagspräsident Norbert Lammert erwartet. Ein weiteres Thema ist die Situation der Seelsorge in Deutschland.

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