Der Fall Brockmann und die Zukunft des Katholikenkomitees

Massive Verstimmungen

Entsetzen, Lähmung, Unverständnis: Nachdem die katholischen Bischöfe die Wahl des hessischen Bildungsstaatssekretärs Heinz-Wilhelm Brockmann zum Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) blockiert haben, sind die katholischen Laien in Deutschland dabei, den Scherbenhaufen zu sortieren. Eine offizielle Begründung für die bischöfliche Ablehnung Brockmanns gibt es nach wie vor nicht. KNA-Redakteur Christoph Arens zur Zukunft des Katholikenkomitees.

Viele Wogen sind zu glätten: Erzbischof Zollitsch (Vorsitzender DBK) und Prof. Meyer (Präsident ZdK) (KNA)
Viele Wogen sind zu glätten: Erzbischof Zollitsch (Vorsitzender DBK) und Prof. Meyer (Präsident ZdK) / ( KNA )

In der vorigen Woche hatte der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz Brockmann in einer Abstimmung ohne Begründung abgelehnt. Der CDU-Politiker erhielt zwar eine Mehrheit, nicht aber die Zwei-Drittel-Mehrheit, die seitens der Bischofskonferenz für eine Zustimmung nötig wäre. In den Statuten des ZdK heißt es dagegen nur "Die Wahl der Präsidentin bzw. des Präsidenten wird durch die Deutsche Bischofskonferenz bestätigt". Wie auch in der Vergangenheit üblich, hatte das ZdK vorab um Zustimmung der Bischöfe gebeten.

Bei Beobachtern setzt sich aber die Einschätzung durch, dass es einer Gruppe von Bischöfen weniger um die Person des CDU-Politikers ging, als vielmehr um den Kurs des ZdK, das sich in den vergangenen Jahren mehrfach mit Bischöfen angelegt hatte. Auch die am Dienstag veröffentlichte erneute Kritik der Bischofskonferenz an einem ZdK-Papier zur Judenmission deutet auf massive Verstimmungen hin.

Damit erhält der Fall Brockmann zwangsläufig eine hohe symbolische Bedeutung für das künftige Verhältnis von Bischöfen und Laien. Wird das 220 Mitglieder umfassende ZdK bei der am Freitag beginnenden Frühjahrsvollversammlung in Berlin auf Konfliktkurs gehen? Oder wird es, wie einige ZdK-Mitglieder befürchten, künftig zu einem Anhängsel der Bischofskonferenz? Debattiert wird in Berlin auch, ob die Bischöfe voreilig eine als Notbremse gedachte Karte gezogen und damit letztlich auch sich selber geschadet haben.

Das ZdK-Präsidium setzt auf Zeitgewinn: Die Wahl der gesamten Führungsspitze des ZdK solle auf den Herbst verschoben werden, heißt es in einem am Dienstag in Bonn veröffentlichten Brief von ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper an die Delegierten. In der Zwischenzeit soll es auch Gespräche mit den Bischöfen geben. Zugleich hat auch Brockmann deutlich gemacht, dass er nicht auf Konfliktkurs geht: Der hessische Staatssekretär stünde für eine sofortige Wahl nicht mehr zur Verfügung.

Grundsätzliche Fragen um die künftige Rolle des Laienkomitees aber bleiben offen: War der im 19. Jahrhundert gegründete Verein in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens als Zentralkomitee der deutschen Katholikentage fast ausschließlich für die Durchführung der Treffen verantwortlich und von katholischen Verbänden dominiert, so wurde er 1952 kirchenamtlich als Vertretung der Laien offiziell anerkannt.

Beim Katholikenkomitee in der Bonner Hochkreuzallee beruft man sich auch auf das Zweite Vatikanische Konzil, das Laienvertretungen auf Ebene der Bischofskonferenzen gefordert habe. In den Statuten von ZdK und Bischofskonferenz jedenfalls ist die enge Zusammenarbeit verankert: Schließlich kommen über 90 Prozent des zwei Millionen Euro umfassenden ZdK-Haushalts aus dem Topf des Verbandes der Diözesen. Und die Bischöfe haben ein Vetorecht bei der Auswahl von ZdK-Präsident und Generalsekretär.

Nach Meinung des bisherigen ZdK-Präsidenten Hans Joachim Meyer ist ein starkes Laienkomitee auch im Interesse der Bischöfe. «Wenn Christen im gesellschaftlichen Leben nicht mehr sichtbar werden durch ethisch begründete Forderungen in der Politik und an die Politik, dann wird auch die einzelne Gemeinde zu einem Ort am Wegesrand, der allenfalls noch für eine gewisse Zeit seine eigenen Mitglieder wärmt, aber nicht mehr darüber hinaus ausstrahlen kann», mahnt er.

Dabei ist es für Meyer ein großer Unterschied, ob sich das ZdK zu gesellschaftlichen Fragen positioniert oder sich zu innerkirchlichen Debatten äußert. Das ZdK habe durchaus auch die Aufgabe, seine Meinung zu kirchlichen Entwicklungen zu sagen, unterstreicht er und betont damit eine Besonderheit des deutschsprachigen Laienkatholizismus. Doch sei es, so Meyer weiter, Sache der Bischöfe, die nach der Verfassung der Kirche die Entscheidungen treffen, zu entscheiden, was sie mit einer ZdK-Position machen.

Das haben verschiedene Bischöfe zuletzt teilweise anders verstanden. Immer wieder gab es Vorwürfe, das ZdK entwickele sich zu einem konkurrierenden Lehramt und wolle sich gegen die Bischofskonferenz profilieren, etwa in der Frage des Pflichtzölibats, bei den Mitbestimmungsrechten von Laien oder bei der Schwangerenkonfliktberatung.

Das ZdK kämpft unterdessen noch an einer anderen Front. Für die Laienkatholiken ist es zunehmend schwerer geworden, in der Mediengesellschaft als eigenständige Größe neben der Bischofskonferenz wahrgenommen zu werden. Und auch viele traditionsreiche katholische Verbände und Laienvertretungen auf
Pfarrei- und Bistumsebene bröckeln in einer Gesellschaft, in der feste Vereinsbindungen immer mehr aus der Mode kommen. Viele Baustellen also für das Zentralkomitee. Es wird spannend, wer das Gremium durch diese Debatten führt.