Initiatoren kämpfen trotz Niederlage weiter für Religionsunterricht

"Durch 'Pro Reli' hat die Stadt bunte Farbtupfer bekommen"

Es hat nicht gereicht für "Pro Reli", bei weitem nicht.
Enttäuschte, fast ungläubige Gesichter bei den Unterstützern der Berliner Initiative, als die ersten, noch vorläufigen Ergebnisse bekannt wurden. Dass es sehr schwierig würde, beim Volksentscheid am Sonntag die erforderliche Stimmenzahl von rund 612.000 zu erreichen, war allen Beteiligten von Anfang an klar. Aber dass mehr als jedes zweite abgegebene Votum "Nein" lauten würde, damit hatte wohl keiner der Unterstützer gerechnet, die in der Katholischen Akademie zur Wahlparty zusammengekommen waren.

Autor/in:
Birgit Wilke
 (DR)

Vor allem «Pro Reli»-Sprecher Christoph Lehmann war nach seinem monatelangen Einsatz für die Gleichstellung des Religionsunterrichts mit dem Ethikunterricht an Berlins staatlichen Schulen die Ernüchterung anzusehen. Er war es aber auch, der sich nach einer kurzen Zeit an der frischen Luft wieder einigermaßen fing und unter anhaltendem Beifall zum zweiten Mal an diesem Abend den nicht ganz leichten Gang auf das Podium antrat: «Natürlich bin ich enttäuscht», erklärte er offen. «Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht.» «Aber», so fügte er fast programmatisch hinzu: «Der Einsatz hat sich gelohnt, ja, ich würde es wieder machen, ja, ich bleibe dran an der Diskussion.»

Wer Lehmann kennt, nimmt ihm das ab. Untrennbar war die Initiative von Anfang an mit seiner Person verbunden. Aus der Idee, die bei Familie Lehmann am Frühstückstisch entstand «und das ist keine Legende», wie der Berliner Rechtsanwalt an dem Abend nochmals beteuerte, entstand bald der Verein «Pro Reli». Unterstützt wurde er von den Kirchen, der Jüdischen Gemeinde, einigen muslimischen Verbänden, der Berliner CDU und FDP, aber auch von Bundespolitikern der SPD. Wochenlang beherrschte ihr Anliegen immer wieder die Schlagzeilen in der Hauptstadt, und zum Schluss auch darüber hinaus.

Weitermachen also, so lautete auch das Fazit, das die Kirchen an diesem Abend zogen: «Wir werden dem Religionsunterricht dem ihm gebührenden Platz zu sichern versuchen», sagte ein sichtlich bewegter Kardinal Georg Sterzinsky. Und sein evangelischer Amtskollege Bischof Wolfgang Huber bekräftigte, die Diskussion über Wertevermittlung in der Stadt müsse mit dem Senat weitergeführt werden. Zugleich wies der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland noch auf einen anderen Aspekt hin. Das Ergebnis zeige, dass es nach wie vor einen Riss durch die Stadt gebe. Auch die Kirchen müssten dazu beitragen, dass er überwunden wird.

Es hat sich etwas verändert in der Stadt, betonten alle Beteiligten immer wieder. Eine solche Diskussion über Monate in der Berliner Öffentlichkeit zu halten, wäre vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen, meinte Huber. Lehmann hatte sich bei seinem ersten Auftritt am Sonntagabend bildlich ausgedrückt: Egal, wie die Ergebnisse lauten werden, wir haben eigentlich schon jetzt gewonnen. Es könne keiner mehr sagen, Berlin sei eine Stadt der Atheisten. Durch die Initiative habe die Metropole viele bunte Farbtupfer erhalten.