Wowereit weist Kritik Weizsäckers zurück

Weiter Streit nach Volksentscheid

Altbundespräsident Richard von Weizsäcker hat dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), nach dem gescheiterten Volksentscheid zur Aufwertung des Religionsunterrichts vorgeworfen, die Spaltung der Stadt zu betreiben. Wowereit wies den Vorwurf am Mittwoch zurück. Es sei falsch und eine Verdrehung der Fakten, angesichts der klaren Niederlage der Initiative "Pro Reli" beim Volksentscheid am vergangenen Sonntag von einer Spaltung der Stadt zu sprechen.

 (DR)

Weizsäcker hatte Wowereit in einem Gastbeitrag für die «Bild»-Zeitung (Mittwochsausgabe) angegriffen. Das Ergebnis des Volksentscheids zum Religionsunterricht zeige, «dass in Fragen dieser Art durch die Stadt ein tiefer Riss geht», schrieb Weizsäcker, der von 1981 bis 1984 Regierender Bürgermeister der damals noch geteilten Stadt war. Dabei warf er Wowereit vor, sich über diesen «Riss zu freuen, ihn geradezu zu bejubeln». «Wir haben vom Regierenden Bürgermeister zu erwarten, dass er Brücken baut anstatt Risse vertieft», so Weizsäcker.

Bereits am Sonntagabend hatte der Berliner Bischof Wolfgang Huber nach Bekanntwerden des je nach Bezirken sehr unterschiedlichen Wahlergebnisses von einem «Riss in der Stadt» gesprochen, der von den politisch Verantwortlichen nicht weiter vertieft werden dürfe. In einem Rundfunkinterview am Montagmorgen hatte Wowereit das Ergebnis als eine «schallende Ohrfeige» für die Initiative «Pro Reli» gewertet.

Wowereit sprach am Mittwoch von einem Zeichen der Normalität in der ehemals geteilten Stadt, wenn zu einzelnen politischen Entscheidungen Diskussionen geführt und «Emotionen geweckt» werden. Dies sei beim Volksentscheid über die Schließung des Flughafens Tempelhof oder bei der Diskussion über den Abriss des Palastes der Republik nicht anders gewesen.

Die Initiative «Pro Reli» war bei dem Volksentscheid am Sonntag klar gescheitert. Sie verfehlte nicht nur das Quorum notwendiger Ja-Stimmen von einem Viertel der Berliner Wahlberechtigten, sondern auch die Mehrheit unter den abgegebenen Stimmen.

Seit 2006 wird auf Betreiben des rot-roten Senats das Pflichtfach Ethik ab der 7. Klasse unterrichtet, Religionsunterricht kann wie zuvor zusätzlich und freiwillig besucht werden. Bei einem Erfolg der Initiative «Pro Reli» hätten Schüler zwischen Ethik und Religion wählen können.

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