Kirchen eröffnen in Lüneburg die "Woche für das Leben"

Gemeinsam mit Grenzen leben

Mit einem ökumenischen Gottesdienst in Lüneburg haben die beiden großen Kirchen am Samstag die bundesweite "Woche für das Leben" eröffnet. Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle betonte anlässlich der Eröffnung, der medizinische Fortschritt lege ein "Menschenbild der vollkommenen Machbarkeit" nahe. Ein solches akzeptiere die Kirche nicht. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, warnte vor einem Gesellschaftsbild, das einseitig auf Leistung fixiert sei.

 (DR)

Wenn ausgerechnet für Menschen, die sich in Pflegeberufen für Schwächere einsetzten, ein Mindestlohn vereinbart werden müsse, zeige dies ein Grundproblem auf, sagte Huber. "Pflegende und helfende Berufe haben in diesem Land nicht den Stellenwert, den sie verdienen." Allein in der evangelischen Diakonie sind Huber zufolge in Deutschland weit mehr als 400.000 Beschäftigte in Hilfseinrichtungen tätig.

Der Hildesheimer katholische Bischof Norbert Trelle rief dazu auf, kranke und behinderte Menschen ins gesellschaftliche Leben mit einzubeziehen. "Menschen mit Grenzen gehören zu unserer Gemeinschaft", mahnte er. "Es ist wieder wichtig geworden, auf diese Selbstverständlichkeit hinzuweisen." Die Fortschritte in der Medizin wolle er nicht schmälern. Sie trügen aber auch zu einem Menschenbild bei, bei dem "das begabte Supertalent" zu einem wünschenswerten Normalbild werde. "Ein solches Menschenbild akzeptieren wir als Kirche nicht."

Auch Bischof Huber betonte, dass allen Menschen die gleiche Würde zukomme. "Normal muss sein, dass wir sagen: Jeder Mensch gilt", sagte er. "Die Menschlichkeit einer Gesellschaft zeigt sich daran, ob sie für Menschen mit Behinderungen einen Ort hat und von ihnen lernt", unterstrich der Ratsvorsitzende im Eröffnungsgottesdienst, den die Bischöfe gemeinsam mit behinderten Menschen gestalteten.

Mit der bundesweiten Initiative "Woche für das Leben" wollen die EKD und die katholische Deutsche Bischofskonferenz auf den Wert und die Würde des menschlichen Lebens aufmerksam machen. Mit Veranstaltungen in ganz Deutschland soll die Gesellschaft für den Schutz des Lebens in allen Phasen von der Zeugung bis zum Tod sensibilisiert werden. Die Initiative steht in diesem Jahr unter dem Motto "Gemeinsam - mit Grenzen leben" und wirbt besonders für ein besseres Miteinander mit kranken und behinderten Menschen.