UN-Konferenz verabschiedet überraschend Abschlusserklärung - Vatikan zufrieden

Kalkulierter Schnellschuss?

Einen Tag nach der antiisraelischen Rede von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad haben die Teilnehmerstaaten der UN-Antirassismuskonferenz am Dienstag überraschend ihre Abschlusserklärung verabschiedet. Darin wird ausdrücklich zum Gedenken an den Holocaust aufgerufen. In einer ersten Reaktion begrüßt der Vatikan die Erklärung.

 (DR)

Der Vatikan hat sich zufrieden über die Schlusserklärung der UN-Antirassismuskonferenz geäußert. Das Dokument sei «nicht perfekt», öffne aber den Weg für weitere Verhandlungen über einige Menschenrechtsthemen, die zum ersten Mal universal akzeptiert worden seien, sagte Erzbischof Silvano Tomasi am Dienstagabend in Radio Vatikan. Zugleich verlangte der Delegationsleiter des Heiligen Stuhls bei dem Treffen in Genf mit Blick auf zukünftige Beratungen den Verzicht auf «besondere Formeln von Vorurteilen» gegenüber einzelnen Staaten sowie auf eine Diskriminierung von Religionen. Nur so ließen sich die Bedingungen für den Kampf gegen Rassismus verbessern.

Die vorgezogene Abstimmung über das Schlussdokument habe «die Atmosphäre der Konferenz ein bisschen befreit», sagte Tomasi. Die Teilnehmer hätten sich damit hinter den Text in seiner Substanz gestellt und ein Signal dafür gegeben, «andere Interpretationen oder andere politische Ereignisse fallen zu lassen».

Auch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, begrüßte die einstimmige Verabschiedung der Abschlusserklärung: «Das sind in der Tat sehr gute Nachrichten», sagte sie. Auch der Iran habe die Erklärung angenommen. Der Konflikt der Israelis mit den Palästinensern ist in der lange umstrittenen Erklärung nicht erwähnt. Die USA blieben der Konferenz unter anderem deswegen fern, weil sie sich gegen eine mögliche Herausstellung des Nahostkonflikts wehrten.

Die Staaten rufen in der Erklärung zu einem Kampf gegen alle Formen des Rassismus, der Fremdenfeindlichkeit, der Diskriminierung und der Intoleranz auf. Die Sklaverei, der Kolonialismus und das frühere Apartheidsystem in Südafrika sollten nie vergessen werden, heißt es.

Pillay betonte, dass der globale Kampf gegen den Rassismus ein Prozess sei. Das völkerrechtlich nicht bindende Dokument sei eine wichtige Etappe in diesem Kampf. Das UN-Hochkommissariat bestätigte, dass von den 192 UN-Mitgliedsstaaten 183 das Dokument angenommen hätten. Die neun bei der Konferenz abwesenden Staaten, darunter Deutschland, seien nicht darunter. Diese Staaten könnten das Dokument aber noch annehmen.

Deutschland und die EU verurteilten unterdessen die israelfeindlichen Äußerungen der iranischen Präsidenten scharf. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), bezeichnete die Rede als empörend. Ahmadinedschad habe seine Verleugnung und Verhöhnung des Holocaust fortgesetzt. Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft wies die Darstellung Israels als rassistisches Regime aufs Schärfste zurück. Auch der Vatikan nannte den Auftritt Ahmadinedschads «inakzeptabel».

Der iranische Staatschef hatte Israel am Montag «barbarische und rassistische Verbrechen» gegen die Palästinenser vorgeworfen und damit einen Eklat provoziert. Die EU-Vertreter sowie der Beobachter des Vatikan verließen geschlossen den Saal.

Die Bundesregierung sah am Dienstag die Gründe für ihren Boykott bestätigt. «Wir haben genau das befürchtet, was jetzt eingetreten ist», sagte Erler. Wie erwartet habe Ahmadinedschad das Treffen als Plattform für seine Attacken gegen Israel missbraucht. Es sei der Bundesregierung allerdings schwer gefallen, einer UN-Konferenz fernzubleiben, sagte Erler. Das habe es zuvor noch nie gegeben. Der Außenpolitiker betonte, dass der Antisemitismus des iranischen Präsidenten von allen EU-Ländern gleichermaßen abgelehnt werde, auch von den Staaten, die an der Konferenz teilnehmen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland lobte die deutsche Boykott-Entscheidung erneut als richtiges Signal.

Die tschechische EU-Präsidentschaft äußerte in Prag die Erwartung, dass «die Konferenz in einem Geist von gegenseitigem Respekt und Würde ausgetragen» werde. Tschechien selbst verließ indes die Zusammenkunft. Der Vatikan verurteilte die Rede Ahmadinedschads und «Nutzung dieses UN-Forums für extremistische und beleidigende Äußerungen». Trotzdem betrachte der Vatikan seine Teilnahme an der Konferenz «weiterhin als sinnvoll», um den Kampf gegen Rassismus und Intoleranz voranzutreiben, erklärte Vatikansprecher Federico Lombardo.

Die Konferenz in Genf dauert bis Freitag. Ihr Ziel ist es, Fortschritte und Rückschritte im Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung zu bilanzieren. Auch auf der Antirassismuskonferenz im südafrikanischen Durban 2001 war es zum Streit über den Nahostkonflikt gekommen. Israel und die USA hatten die Durban-Konferenz deshalb verlassen.