In Südafrika wird der ANC voraussichtlich auch die vierten Wahlen seit dem Ende der Apartheid gewinnen

Konkurrenzlos zum Sieg?

Wahre Treue hält ewig. In Südafrika kann der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) wohl auch bei den vierten Parlamentswahlen seit dem Ende der Apartheid 1994 mit einer Mehrheit rechnen. Und das, obwohl das Image der ehemaligen Befreiungsbewegung durch Skandale, Vetternwirtschaft und die Spaltung der Partei im Oktober gelitten hat. Der umstrittene Kandidat Jacob Zuma wähnt sich schon als Sieger.

Autor/in:
Jean-Pierre Kapp
 (DR)

Viele Menschen in Südafrika sehen den ANC weiterhin als Garant für eine Gesellschaft, in der Schwarze und Weiße gleichberechtigt leben können. Offen bleibt allerdings, ob die Partei am 22. April wieder eine Zweidrittel-Mehrheit erreichen kann.

«Wir werden die Wahlen gewinnen», sagt die 49 Jahre alte Krankenschwester und ANC-Aktivistin Patricia de Wik. Dabei hatte es die Partei in den vergangenen Monaten nicht leicht. Im Oktober gründeten einige Mitglieder mit dem Volkskongress (COPE) ihre eigene Partei. Auch Streitigkeiten zwischen dem früheren Präsidenten Thabo Mbeki und Partei-Chef Jacob Zuma setzten dem ANC zu. Erst Anfang April ließ die Staatsanwaltschaft zudem eine Korruptionsklage gegen Präsidentschaftskandidat Zuma fallen. De Wik glaubt trotz allem weiterhin an die Stärke der Partei.

Die Wahlprognosen geben ihr Recht. Judith February vom südafrikanischen Demokratie-Institut IDASA ist optimistisch: «Der ANC ist trotz aller Skandale und Kritik die wichtigste Partei für die Schwarzen geblieben.» Sie ist überzeugt, dass viele Kritker der Partei sich deshalb kurzfristig umstimmen lassen. Vielleicht auch deshalb, weil sich die Konkurrenz-Parteien im Wahlkampf kaum vom ANC abheben. Zentrale Themen sind die Bekämpfung der Armut, die Schaffung von Arbeitsplätzen und der Bau von Wohnhäusern.

Situation der Menschen nicht viel verbessert
Denn am Leid vieler Menschen hat sich seit dem Ende der Apartheid nur wenig geändert. Noch immer lebt mehr als die Hälfte der Schwarzen in bitterer Armut, regelmäßige Einkommen sind selten. Das Elend wohnt in den Schwarzensiedlungen um Johannesburg, Kapstadt und Durban oder in den ehemaligen Stammesgebieten. Dort geben die kargen und knappen Böden nicht genug her, um eine Familie zu ernähren.

Die weiße Bevölkerung verfügt dagegen meist über eine bessere Schulbildung und damit auch über höhere Einkommen. Von der Umstrukturierung der Wirtschaft, die die berufliche Gleichberechtigung von Schwarzen zum Ziel hat, hat bisher nur eine kleine Schicht um den inneren Zirkel des ANC profitiert. Auch die Landreform ist ins Stocken geraten. Nur etwa fünf bis sechs Prozent des landwirtschaftlich nutzbaren Landes sind in den Besitz Schwarzer übergegangen.

Fehlende Alternative
Trotz der schleppenden Fortschritte halten viele dem ANC die Treue. «Zuma ist korrupt, Mbeki war machtbesessen und viele Partei-Funktionäre interessieren sich nur für ihr eigenes Wohl - trotzdem werde ich wieder für den ANC stimmen», erklärt Portia Mapisa vor ihrem kleinen Haus in der Schwarzensiedlung Mandela Park in der Nähe von Kapstadt. Mapisas Begründung ist so einfach wie oft gehört:
«Der ANC ist die einzige Partei, die sich um die Belange der Schwarzen kümmert.»

Einzig bei den gleichzeitig stattfindenden Provinzwahlen muss der ANC mit ernstzunehmender Konkurrenz rechnen. In der Provinz Westkap wohnen vor allem sogenannte Mischlinge. Sie fühlen sich von der Partei nicht ernst genommen. Als wichtigster Konkurrent des ANC auf nationaler Ebene gilt die neue Partei COPE. Doch sie hat bereits viel an Popularität verloren. Ihr Spitzenmann, der ehemalige methodistische Bischof Mvume Dandala, ist kaum bekannt. Zudem bleiben die Wahlkampfthemen des Volkskongresses konturenlos und unterscheiden sich kaum vom Programm des ANC.

Mit vielen Stimmen kann auch die Demokratische Allianz (DA) von Helen Zille nicht rechnen, obwohl sich die Bürgermeisterin von Kapstadt mit ihrem engagierten Einsatz für demokratische Spielregeln und einem unermüdlichen Kampf gegen die Korruption viel Respekt erworben hat. Zille ist für viele Schwarze als Weiße immer noch unwählbar. Zu tief sind die Wunden der Apartheid.

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