SPD verteidigt ihr Wahlprogramm - Union beklagt "unehrliche" Versprechungen

Gong zur ersten Runde

Die SPD-Spitze hat ihr am Sonntag beschlossenes Wahlprogramm gegen Kritik verteidigt. SPD-Chef Franz Müntefering nahm am Montag die Aussparung mittlerer Einkommen bei den Steuerplänen seiner Partei in Schutz. Wenn der Eingangsteuersatz von 14 auf 10 Prozent gesenkt werde, profitierten davon alle Bürger, argumentierte er. Kritik an den SPD-Plänen gab es aus der Union und der Wirtschaft.

 (DR)

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hatte am Wochenende gesagt, die Steuerpläne der Sozialdemokraten verfehlten das wichtige Ziel, die Leistungsträger in den Betrieben zu entlasten.

Müntefering sagte zur geplanten Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 45 auf 47 Prozent.: «Unten geben wir etwas, oben holen wir etwas». Diese Anhebung werde dem Staat einige Milliarden Euro zusätzlich einbringen. Die Kosten für den verringerten Eingangsteuersatz würden sich im Gegenzug in der Größenordnung von rund zwei, drei Milliarden bewegen, fügte der SPD-Vorsitzende hinzu.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, die SPD reagiere auf eine «Epochenwende». Untere Einkommen würden entlastet und eine gewisse Mehrbelastung für die oberen Einkommen geschaffen. Er fügte hinzu: «Das können die anderthalb Prozent der Bevölkerung, die da betroffen sind, ganz gut verkraften.» Die Steuerbelastung in Deutschland sei im internationalen Vergleich «nicht das Problem», sondern, «dass die Gesellschaft auseinanderbricht». Die von der Union in Aussicht gestellten Steuererleichterungen nannte er unseriös. Die SPD-Vorhaben seien dagegen «solide finanziert» und keine «Wahlgeschenke».

Auch SPD-Vize Andrea Nahles sagte, «wir versprechen nichts, was nicht machbar ist.» Steinbrück habe alles daraufhin abgeklopft, «ob es wirklich auch realistisch ist, was wir da machen. Und da können wir sagen: 'Ja'». Nahles fügte hinzu, ihre Partei habe die Reichensteuer ins Programm genommen, um einen fairen Lastenausgleich und ein Mindestmaß an Gerechtigkeit zu erreichen.

Die Union griff die geplante Mehrbelastung für hohe Einkommen scharf an: «Da steckt sicher auch dahinter, dass man im Wahlkampf Mehrheiten gewinnen will, indem man Minderheiten angreift», sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU). Man sollte vielmehr dort ansetzen, «wo der Facharbeiter, der Techniker durch normale Lohnsteigerungen in die Progression kommt». Auch seien bis 2011 Steuersenkungen «undenkbar», da diese bis dahin durch Schulden finanziert werden müssten, sagte er. Ab 2012 könnte eine Entlastung der Bürger möglich sein, wenn die Wirtschaft wieder wachse und es Steuermehreinnahmen gebe.

CDU-Vize Roland Koch sagte, jetzt eine verbindliche Zahl für Steuerentlastungen zu nennen, wäre unehrlich. «Deshalb machen wir keine Versprechungen.» Da er jedoch sicher sei, dass die Wirtschaft in den nächsten Jahren wächst, rechne er mit einer Entlastung der Bürger. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nannte die Pläne der SPD ein «offenkundiges Ablenkungsmanöver». Die SPD wolle neben der Erhöhung bestehender Steuern auch noch neue Belastungen, wie die Börsenumsatzsteuer, einführen.

Der Linke-Politiker Bodo Ramelow sagte: «Das einzige Bonbon ist eine Art Abwrackprämie für Lohnsteuerkarten.« Da werde »großes Theater inszeniert«, um sich nach der Bundestagswahl erneut »in die babylonische Gefangenschaft der großen Koalition" zu begeben.