"Zwei Drittel der Menschen weltweit, fast fünf Milliarden", so der UN-Funktionär, lebten heute in der südlichen Hemisphäre. "In einem der 121 so genannten Entwicklungsländern, die sich ja meistens gar nicht entwickeln." Dort geschehe gerade etwas, das die Welt verändern wird, nämlich "ein Bruch mit der westlichen Weltordnung."
Grundsätzlich unterscheidet der 75-jährige zwei Arten des Hasses: den pathologischen von Taliban, Al-Qaida und Co. "Das ist der Hass, der zum organisierten Verbrechen gehört. Der muss von jeder zivilisierten Gesellschaft bekämpft werden."
"Dieser Hass ist ein lebensstiftender Hass"
Außerdem gebe es aber auch noch den "vernunftgeleiteten Hass". Dieser sei aus dem "verwundeten Gedächtnis", der "Doppelzüngigkeit des Westens" und der "Unerträglichkeit der kannibalischen, dem Rest der Welt vom Westen aufgezwungenen Weltordnung" gewachsen.
Dieser Hass, warnt Ziegler, führe zu Widerstand und sozialen Bewegungen, zu Nationalstaaten und neuer Identitätsfindung. Als Beispiel führt er Bolivien an. "Ein bitterarmes Land, das vor drei Jahren den ersten indianischen Präsidenten seit 500 Jahren demokratisch an die Macht gebracht: Evo Morales. Und der enteignet jetzt die westlichen Erdölminen-, Gasgroßkonzerne. Und das Geld - die Milliarden - kommen jetzt endlich dem gepeinigten Volk der Bolivianer zugute. Dieser Hass ist ein lebensstiftender Hass, wenn man so will."
Hören Sie hier Gespräch mit Jean Ziegler in voller Länge
Jean Ziegler: "Der Hass auf den Westen. Wie sich die armen Völker gegen den wirtschaftlichen Weltkrieg wehren", Verlag C. Bertelsmann, München 2009, Euro 19.95
Globalisierungskritiker Jean Ziegler warnt in neuem Buch vor dem "Der Hass auf den Westen"
"Das kann schon schockieren"
Jean Ziegler ist einer der profiliertesten Globalisierungskritiker. Mit seinem neuen Buch bestätigt er wieder seine Rolle als Anwalt der Armen. In "Der Hass auf den Westen" - ein Titel, der "schockieren kann", wie er im domradio-Interview gesteht - warnt er vor dem "verwundeten Gedächtnis" der Armen.
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