Staatengemeinschaft will Afghanistan bei Wiederaufbau und Wahlen helfen

Mehr als Schönwetterreden

Europäische Delegierte waren sich schon Tage vor der Afghanistan-Konferenz in Den Haag sicher: "Dies ist nicht die Plattform für Grundsatzkonflikte", hörte man in Brüssel. Regierungsvertreter aus 72 Ländern kamen am Dienstag in der niederländischen Hauptstadt zusammen, um über die Zukunft Afghanistans zu diskutieren. Auf dem Prüfstand stand unter anderem die neue Afghanistan-Strategie von US-Präsident Barack Obama.

 (DR)

Das politische Echo war positiv, die USA erhielten Zusagen für Kooperationen vor allem im zivilen Bereich. Die Pläne der USA verdienten breite Unterstützung, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der Schirmherr der Konferenz. Deutschland und andere Länder zeigten sich zufrieden darüber, dass die USA nicht nur ihre Truppen aufstocken, sondern auch selbst beim Wiederaufbau mehr Hand anlegen wollen.

Außerdem wollen die USA Nachbarländer wie Pakistan und den Iran stärker in den Kampf gegen Terrorismus und Drogenhandel einbinden - ein Schritt, den unter anderem die EU-Kommission als grundlegend wichtig erachtet. EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner versprach 60 Millionen Euro zusätzlich für Wahlen, Polizei und ländliche Entwicklung in Afghanistan. Auch US-Außenministerin Hillary Clinton sagte 40 Millionen Dollar für die Präsidentenwahlen im August zu.

2009 sei ein entscheidendes Jahr für Afghanistan, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Deutschland wolle nach Kräften zum Gelingen der Präsidentenwahlen beitragen: durch zusätzliche Soldaten, Wahlbeobachter und mehr Geld. Die Bundesregierung will mehr in die Ausbildung der Armee investieren und zivile Projekte wie etwa die Luftraumsicherung, die ländliche Entwicklung und Bewässerungsprojekte stärker fördern.

Doch die Konferenz bestand nicht nur aus Schönwetterreden. Ban Ki Moon etwa schickte seinem Lob gleich die Kritik hinterher: Er erinnerte die internationale Gemeinschaft daran, dass längst nicht alle Versprechen der Vergangenheit erfüllt wurden. Die EU zum Beispiel hatte zugesagt, die Zahl der Polizeiausbilder in Afghanistan auf 400 zu verdoppeln - wovon sie noch weit entfernt ist.

Die afghanische Polizei soll nach internationalen Vorstellungen im Jahr 2011 über 80.000 Mann umfassen. Derzeit ist erst gut ein Drittel davon im Dienst. «Wir können nichts tun, wenn die EU-Staaten nicht mitziehen», sagte eine EU-Diplomatin. Deshalb seien solche Konferenzen wichtig, um die Vorhaben voranzutreiben. Deutschland und etliche andere Länder sind bereit, ihre Anstrengungen im Polizeibereich deutlich zu verstärken.

Der Iran, den die USA in einem Aufsehen erregenden Schritt zur Konferenz eingeladen hatten, war durch seinen Vize-Außenminister Mehdi Achundsadeh vertreten. Dieser platzierte erwartungsgemäß ein wenig politischen Zündstoff in das Treffen: Der Iran sei gegen die Aufstockung ausländischer Truppen, erklärte er schon Stunden vor seinem Redeauftritt in einem vorab verteilten Manuskript. Auch er erklärte sich allerdings bereit, beim zivilen Wiederaufbau zu helfen.
Der Iran sei bereits heute auf diesem Feld sehr aktiv, erklärte Achundsadeh.

Warnende Worte kamen von regierungsunabhängigen Organisationen in Afghanistan: Ein Vertreter des humanitären Dachverbands ACBAR sagte, es sei nun Zeit, von Rhetorik zu echten Taten umzuschwenken. Sowohl die afghanische Regierung als auch die internationale Gemeinschaft müssten sicherstellen, dass die Zahl der zivilen Opfer auf ein Minimum gesenkt werde. Die Kultur der Straflosigkeit müsse ein Ende haben. Und auch bei den Rechten der Frauen und sozial Schwachen fordern die Organisationen mehr Fortschritte.