Treffen der G-20 will Finanzmärkte strenger regulieren und künftigen Krisen vorbeugen

Wege aus der Krise

Die Wirtschaftskrise ist die Schlimmste seit dem Zweiten Weltkrieg, die Erwartungen an den G-20-Gipfel, der Auswege aus der Misere sucht, dementsprechend hoch: Das Treffen der Industrienationen mit den wichtigsten Schwellenländern am Donnerstag in London steht unter großem Erfolgsdruck.

Autor/in:
Kerstin Münstermann
 (DR)

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss vom zweiten G-20-Treffen zur Weltfinanzkrise ein "Signal der Vertrauensbildung und der Geschlossenheit" ausgehen - auch um weiteren Krisen vorzubeugen. Die umfassende Kontrolle aller Märkte, aller Produkte und aller Akteure, von denen ein "systemisches Risiko" ausgehen kann, will man von deutscher Seite unter allen Umständen erreichen.

Die Forderung nach neuen Anstrengungen zur Ankurbelung der weltweiten Konjunktur weist man von deutscher Seite indes zurück. In einer Erhebung des Internationalen Währungsfonds (IWF) über Konjunkturmaßnahmen in den einzelnen Ländern stehe Deutschland mit an vorderster Stelle der G7-Staaten, heißt es selbstbewusst aus deutschen Regierungskreisen. Gleichzeitig mahnt die deutsche Seite eine Rückkehr zur Haushaltsstabilität sobald wie möglich an, damit nicht diese Krise der Ausgangspunkt der nächsten wird.

Wichtig ist aus deutscher Sicht außerdem eine klare Absage der Gipfelteilnehmer an protektionistische Maßnahmen sowie die Verpflichtung von Banken zum Aufbau eines Finanzpuffers in konjunkturell guten Zeiten. Auch soll die Managervergütung künftig stärker an nachhaltigen Unternehmenszielen ausgerichtet werden.

Verhaltener Optmisimus
Die Signale aus den USA stimmen die deutsche Delegation vorsichtig optimistisch, dass der Gipfel ein Erfolg werden könnte. So hatte beispielsweise US-Finanzminister Timothy Geithner sich im Vorfeld für eine stärkere Regulierung und Informationspflicht der Hedgefonds eingesetzt. Auch die Haltung von US-Präsident Barack Obama, der sich grundsätzlich einem Abbau des gigantischen US-Staatsdefizits verpflichtet fühlt, wird in Berlin positiv gewertet.

Heftig diskutiert wird im Vorfeld des Treffens jedoch über die Mittelausstattung des IWF. Diese soll mindestens verdoppelt werden, um die einzelnen Beiträge der Länder wird gerungen. Deutschland sieht eine Summe jenseits einer Verdoppelung skeptisch, da immer noch freie Mittel in Milliardenhöhe vorhanden seien.

Ebenfalls nicht einig ist man sich beim öffentlichen Anprangern von Steueroasen. Während die Deutschen in Abstimmung mit den meisten Europäern für öffentliche Listen von Steueroasen und Ländern und Gebieten, die sich bislang einer internationalen Zusammenarbeit verweigern, plädieren, sind unter anderem die Schwellenländer bislang dagegen. Umstritten ist auch der Umgang mit den "bad assets", den sogenannten toxischen Wertpapieren. Hier wird keine abschließende Einigung in London erwartet.

Weiterentwicklung des ersten Weltfinanzgipfels
Trotz dieser Streitpunkte stellt der Gipfel von London eine Weiterentwicklung des ersten Weltfinanzgipfels von Washington im November 2008 dar. Von dem damals verabredeten Aktionsplan mit 47 Punkten wurden die dringendsten 28 bereits in Angriff genommen - wie die globale Aufsicht der 25 wichtigsten globalen Akteure in Banken und Versicherungen (in Deutschland für die Deutsche Bank und die Allianz).

Besonderes Augenmerk wird - im Gegensatz zu Washington - diesmal auf die Situation in den Entwicklungsländern gelegt. Diese haben an der Entstehung der Krise kaum Anteil, sind aber am härtesten betroffen. So betrug der privaten Kapitalzufluss in diese Länder im Jahr 2007 noch rund 1000 Milliarden US-Dollar, 2008 gab es bereits eine Reduzierung um 50 Prozent, für 2009 sinkt die Prognose auf 150 Milliarden Dollar. Wenn hier nichts passiert, so die Befürchtung, kommt auch die Weltkonjunktur nicht wieder auf die Beine.

Merkel misst dem Gipfel denn auch höchste Bedeutung bei. In Berlin sagte sie am vergangenen Wochenende: "Die Welt steht jetzt an einem Scheideweg. Wir können uns solche Krisen nicht alle zehn Jahre leisten."