Bahnchef tritt unter steigendem Druck zurück

Mehdorn auf dem Abstellgleis

Der in der Datenaffäre immer heftiger unter Druck geratene Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Hartmut Mehdorn, ist zurückgetreten. Er habe die Auflösung seines Vertrages angeboten, sagte der 66-jährige Bahn-Chef am Montag auf der Bilanzpressekonferenz des Staatsunternehmens. Die Bundesregierung rechnet mit einer schnellen Klärung der Nachfolge.

 (DR)

Gewerkschaften wie Oppositionsparteien hatten zuletzt den Rücktritt Mehdorns gefordert. Mehdorn steht wegen des massenhaften Abgleichs von Mitarbeiterdaten sowie der Überwachtung des E-Mail-Verkehrs in der Kritik.

Mehdorn selbst stellte erneut klar, dass es "keine strafrechtlich relevanten Fehlhandlungen der Bahn oder ihrer Mitarbeiter" gegeben habe. Auch gegen gesetzliche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates sei nicht verstoßen worden. Ein unbefugtes Ausspähen von E-Mails habe es ebenfalls nicht gegeben. "Es handelt sich hier nicht um einen Datenskandal, sondern um eine Kampagne zur Veränderung der Unternehmensführung und der Unternehmenspolitik", sagte er.

Die Diskussion habe sich hier längst von den Fakten abgekoppelt, kritisierte Mehdorn. In einer solch aufgeheizten Atmosphäre sei eine faire Erörterung nicht mehr möglich. "Auch wenn ich mir persönlich nichts Unrechtes vorzuwerfen habe und mit mir im Reinen bin, so gilt es nun zu allererst, diese schlimmen, ja zerstörerischen Debatten für die Bahn zu beenden", sagte Mehdorn. Daher wolle er als Vorstandsvorsitzender "die Gesamtverantwortung für das, was in der Deutschen Bahn passiert oder eben nicht geschieht" übernehmen.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) nahm die Entscheidung "mit großem Respekt" zur Kenntnis. "Die Deutsche Bahn ist unter ihm zu einem modernem Dienstleister geworden", sagte er. Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Aufsichtsrat zügig Gespräche aufnehmen und einen neuen Bahnchef präsentieren wird, wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte. Gleichzeitig würdigte er die Arbeit Mehdorns. Er habe das Unternehmen erfolgreich umgebaut und es zusammen mit den Mitarbeitern zu einem wirtschaftlich starken international führenden Schienenverkehrs- und Logistikdienstleister geformt.

Die Gewerkschaften Transnet und GDBA werteten den Rücktritt als "logische Konsequenz aus der Schnüffelaffäre". Vor seinem Rücktritt legte Mehdorn die Jahresbilanz für den Logistikkonzern vor. So erhöhte sich der Umsatz im vergangenen Jahr gegenüber 2007 um 6,8 Prozent auf 33,5 Milliarden Euro. Das bereinigte operative Ergebnis legte um 4,8 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro zu. Unterm Strich blieb ein um 23 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro gesunkener Gewinn. Belastend wirkten sich hier Vorbereitungskosten für den mittlerweile auf unbestimmte Zeit verschobenen Börsengang aus. Zudem hatten sich in der Vorjahresbilanz hohe Gewinne aus Beteiligungsverkäufen positiv ausgewirkt. Insgesamt fuhren im vergangenen Jahr mehr Menschen als je zuvor mit den Zügen der Deutschen Bahn. Die Zahl der Fahrgäste stieg um 4,6 Prozent auf 1,9 Milliarden.

Einen konkreten Ausblick für das laufende Jahr wollte das Unternehmen angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise nicht geben. Die Rezession treffe den Konzern zwar "hart", allerdings sei man stark aufgestellt. Deutliche Einbrüche seien im Güterverkehr zu beobachten. Betriebsbedingte Kündigungen bei den weltweit rund 240 000 Beschäftigten seien nicht geplant. Auch bei der Sicherheit und beim Service solle nicht gespart werden.