Erste irakische Flüchtlinge angekommen

Willkommen in Deutschland!

Nach monatelangem Tauziehen sind am Donnerstag die ersten 120 irakischen Flüchtlinge in Deutschland eingetroffen. Sie wurden auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann und dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Peter Altmaier, begrüßt. Insgesamt will Deutschland in diesem Jahr 2.500 Iraker aus Flüchtlingslagern in Syrien und Jordanien aufnehmen, EU-weit sollen es 10.000 sein.

 (DR)

Bei den Flüchtlingen handelt es sich nach Angaben von Altmaier um 96 Christen, 19 Mandäer, 5 Schiiten und 2 Sunniten. 71 der 122 Ankommenden sind Frauen und Mädchen, 36 sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Die Flüchtlinge fuhren am Nachmittag zur zentralen Aufnahmestelle in Friedland, wo sie zunächst betreut werden und teilweise auch Integrations- und Sprachkurse erhalten sollen. Von dort werden die Flüchtlinge auf die Bundesländer verteilt.

Altmaier sagte bei der Begrüßung, die Aufnahme sei das Ergebnis einer guten Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern sowie auf europäischer und internationaler Ebene. Schünemann erklärte, Friedland bedeute für viele Menschen einen hoffnungsvollen Neubeginn. Ziel sei es, den irakischen Flüchtlingen eine möglichst schnelle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Die Iraker sollen wegen fehlender Rückkehrmöglichkeiten dauerhaft in Deutschland Heimat finden und erhalten sofort eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis mit Option auf Verlängerung sowie eine Arbeitserlaubnis. Die Kirchen haben umfangreiche Hilfen bei der Integration zugesagt und bereits Runde Tische und Hilfs-Netzwerke gegründet.

Bei einem EU-Ministertreffen im November hatte die Bundesregierung zugesagt, ein Viertel von 10.000 besonders schutzbedürftigen Flüchtlinge aufzunehmen, die in Europa ein neues Zuhause finden sollen. Vor ihrer Ankunft mussten die Iraker ein mehrstufiges Prüfverfahren durchlaufen. Es handelt sich um Flüchtlinge, die vor Gewalt und Unsicherheit in ihrer Heimat in die Nachbarländer Jordanien und Syrien geflüchtet waren.

Über die Auswahl der Flüchtlinge hatte es eine heftige Debatte gegeben. Aufnahmekriterium ist die besondere Schutzbedürftigkeit, wie sie etwa bei Folteropfern, Kranken und alleinstehenden Frauen mit Kindern gegeben ist. Da Christen im Irak stark verfolgt werden, profitieren auch sie von dem Aufnahme-Programm.

Politik und Kirchen riefen die Deutschen dazu auf, die Flüchtlinge mit offenen Armen zu empfangen. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), sagte, es sei ein Gebot der Menschlichkeit, ihnen zu helfen. Jetzt komme es darauf an, sie schnell zu integrieren. Grünen-Chefin Claudia Roth forderte, die EU und die Bundesregierung müssten mehr Flüchtlinge als geplant aus der Region aufnehmen. Dabei dürfe die Zugehörigkeit zu einer christlichen Religionsgemeinschaft nicht das ausschlaggebende Kriterium sein. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) sprach von einem wichtigen humanitären Signal. Die Vertreterin für Deutschland und Österreich, Anne-Christine Eriksson, dankte «für die warmherzige Aufnahme».

Die katholische Kirche rief zur Hilfe für die Flüchtlinge auf. Sie brauchten «Sicherheit, Geborgenheit und Beheimatung», sagte der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, Weihbischof Josef Voß, in Bonn. «Leider gehören dazu viele Angehörige religiöser Minderheiten, der Anteil der Christen ist besonders hoch», sagte Voß. Sie litten unter der Gewalt im Irak und müssten vor gezielten Angriffen muslimischer Fanatiker fliehen.

Die Hilfsorganisation Pro Asyl und das internationale katholische Missionswerk Missio forderten den Ausbau des Aufnahmeprogramms. Der Leiter der Fachstelle Menschenrechte von Missio, Otmar Oehring, erinnerte an die Hilfsbereitschaft der Deutschen bei der Aufnahme von 26.000 Bootsflüchtlingen aus Indochina Ende der 70er Jahre. «Wenn die Irak-Flüchtlinge ebenso mit offenen Armen empfangen werden, dann kann sich dieses integrative Erfolgsmodell wiederholen.»
Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann forderte eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung für die Irak-Flüchtlinge. Die Menschen hätten traumatische Erfahrungen gemacht und müssten Zugang zu Therapien erhalten, sagte sie am Donnerstag dem epd. «Es geht darum, ihnen ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln.» Der Sprecher für Menschenrechte der SPD-Bundestagsfraktion, Christoph Strässer, sprach sich ebenfalls dafür aus, die Aufenthaltsgenehmigungen «auf Wunsch» problemlos zu verlängern. Aktuell müsse alle getan werden, um die Flüchtlinge erfolgreich zu integrieren.