Ehemaliger Baudezernent kritisiert U-Bahn-Bau - Bergungsarbeiten gehen weiter

Ursache weiter unklar

Im Zusammenhang mit dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs sind am Wochenende neue Vorwürfe gegen die Stadtverwaltung und die Kölner Verkehrsbetriebe erhoben worden. Zudem wurde bekannt, dass es in dem betroffenen Bereich offenbar Verstöße gegen die städtischen Auflagen gab und mehr Brunnen gebaut wurden als ursprünglich zugelassen. Die Unglücksursache ist derzeit weiterhin unklar, die Bergungsarbeiten an der Einsturzstelle dauern an.

 (DR)

Der ehemalige Kölner Baudezernent Bela Dören kritisierte in der «Süddeutschen Zeitung» (Samstagausgabe), dass das beim Bau der Nord-Süd-Bahn im Grundwasserbereich gewählte Verfahren «eindeutig risikobehaftet» gewesen und vermutlich für den Einsturz verantwortlich sei. Die Stadt wies diesen Vorwurf zurück und erklärte, man habe jenes Verfahren ausgewählt, das sich für den betroffenen Bereich als am geeignetsten erwiesen habe.

Zudem wurde bekannt, dass es in dem betroffenen Bereich in der Kölner Südstadt offenbar Verstöße gegen die Auflagen der Stadt gab und mehr Brunnen gebaut wurden als ursprünglich zugelassen. Nach Angaben der Kölner Umweltdezernentin Marlies Bredehorst wurde im Bereich Waidmarkt, die nahe der Unglücksstelle liegt, außerdem mehr Wasser abgepumpt als erlaubt. Das habe aber vornehmlich umweltrechtliche Aspekte, ein Zusammenhang mit dem Einsturz sei nach jetzigem Stand nicht erkennbar, sagte eine Sprecherin der Stadtverwaltung. Zudem seien die beauftragten Baufirmen dazu verpflichtet, die entsprechenden Verstöße der unteren Wasserschutzbehörde zu melden.

Laut KVB-Vorstand Walter Reicharz soll zudem geklärt werden, ob vor dem Einsturz des Stadtarchivs in der Baustelle der U-Bahn Wasser aus dem Boden oder aus der Schlitzwand getreten sei. Laut dem Magazin «Spiegel» gibt es in diesem Zusammenhang unterschiedliche Aussagen von Beschäftigten der Baufirmen. Er habe die Baufirmen um eine Stellungnahme bis Sonntagvormittag gebeten, bislang aber keine Reaktion erhalten, erklärte Reicharz.

Nach Angaben von Reicharz wurden im Vorfeld für die Sicherung der Bauarbeiten der Nord-Süd-Bahn 4,3 Millionen Euro zusätzlich eingestellt. Für die Soforthilfe der von dem Einsturz betroffenen Anwohner seien zudem bislang rund eine Million Euro an Soforthilfe von der KVB ausgegeben worden. Eine weitere Million solle bereitgestellt werden.

Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) verwies darauf, dass die aktuelle Gefährdungslage in dem Bereich jetzt «abgewandt» sei. Nach der Bergung der beiden Toten gehe es nun um die Sicherung des Archivbestandes und eine schnelle Klärung der Unglücksursache. Zur Höhe des verursachten Schadens könnten derzeit noch keine Angaben gemacht werden.

An der Einsturzstelle des Historischen Archivs gingen am Wochenende die Bergungsarbeiten weiter. Ein Notdach sei bis auf die letzten fünf Meter errichtet worden, erklärte Feuerwehrchef Stephan Neuhoff. Zudem sei auch am Sonntag - entgegen ursprünglicher Planung - teilweise gearbeitet worden, weil wichtiges Archivmaterial aus dem Mittelalter entdeckt wurde. Unter den bereits gefundenen Schriftstücken befindet sich unter anderem ein Teil des Nachlasses von Konrad Adenauer aus seiner Zeit als Kölner Oberbürgermeister. Auch zwei Handschriften des Kirchenlehrers Albertus Magnus wurden entdeckt.

Nach Angaben von Neuhoff wird ab sofort montags bis samstags jeweils zwölf Stunden lang an der Unglücksstelle gearbeitet. Dabei sind 50 Kräfte der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks im Einsatz. Nach Angaben von OB Schramma dürfte Restaurierung und Digitalisierung der Schriftstücke bis zu fünf Jahre dauern.