Suche nach Vermissten beginnt am Abend - Offenbar Handy eines Verschütteten geortet

Abrissarbeiten am Kölner Stadtarchiv kommen voran

Zwei Tage nach dem Einsturz des Stadtarchivs in Köln soll die Suche nach den beiden noch vermissten Männern beginnen. Bis zum frühen Donnerstagabend sollen die Sicherungsarbeiten an der Unglücksstelle im Severinsviertel nach Angaben der Feuerwehr abgeschlossen sein. Inzwischen gilt auch das in der Nähe liegende Friedrich-Wilhelm-Gymnasium als einsturzgefährdet.

 (DR)

Hier hatten sich in einem Gebäudeteil zwei Zentimeter breite Risse gebildet. Das Bauwerk wurde mit Stützen gesichert. Die Ursache für das Unglück steht weiter nicht fest. Tunnelarbeiten für die U-Bahn unter der Altstadt gelten als eine Möglichkeit.

In der Nacht zu Donnerstag war weiter Beton in die Hohlräume unter der Unglücksstelle gekippt worden, um den Trümmerberg abzusichern. Am frühen Morgen konnte dann mit dem Abriss der benachbarten Häuserruinen begonnen werden. Dieser müsse sehr vorsichtig Stück für Stück erfolgen, hieß es. Der Abriss sei nötig, um später gefahrlos an die Reste des eingestürzten Archivs heranzukommen.

Bei den vermissten Männern soll es sich um zwei Bewohner von Dachgeschosswohnungen des zum Teil eingestürzten Nachbarhauses handeln. Am Nachmittag verdichteten sich Hinweise, dass sie sich unter den Trümmern befinden. Nach WDR-Informationen wurde in dem Schutthaufen das Mobiltelefon eines der Männer geortet. Nach Angaben von Angehörigen hatte sich einer der Vermissten am Dienstag bei seiner Praktikumsstelle krankgemeldet. Seitdem fehle von dem 23-Jährigen jedes Lebenszeichen.

Beratungsangebot für die betroffenen Anwohner
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sagte bei einer Besichtigung der Unglücksstelle, seine größte Sorge gelte den betroffenen Anwohnern und den beiden noch Vermissten. Zugleich wandte er sich gegen Spekulationen über die Unglücksursache.

Unterdessen baute die Stadt Köln ihr Beratungsangebot für die betroffenen Anwohner aus. Es gebe einen erhöhten Bedarf an psychologischer Betreuung, sagte Stadtdirektor Guido Kahlen. Vielen Bewohnern der beiden zerstörten Wohnhäuser werde erst jetzt das Ausmaß der Katastrophe bewusst. Zudem hat die Stadt ein Spendenkonto eingerichtet.

Derweil geht die Suche nach der Unglücksursache weiter. Der Bochumer Statikprofessor Günther Meschke äußerte Zweifel, ob beim Bau der Nord-Süd-U-Bahn ausreichend für die Sicherheit der Häuser gesorgt wurde, unter denen der Tunnel gegraben wurde. Aus Sicht des Tunnelbauexperten Bernhard Maidl könnte auch der sandige Boden unter dem Kölner Stadtarchiv ein Auslöser für den Einsturz des vierstöckigen Gebäudes gewesen sein.

Wissenschaftler beklagen den Verlust der archivierten Dokumente. Wenn das Archiv so stark zerstört sein sollte, wie es den Anschein habe, wäre das eine Katastrophe für die europäische Geschichtswissenschaft, sagte der Frankfurter Historiker Johannes Fried.

Einen Überblick über die Kulturgutverluste nach dem Einsturz des Stadtarchivs gibt es nach Angaben von NRW-Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) bislang noch nicht. Trotz aller Bemühungen werde der Schaden unermesslich sein.

Nach Angaben von Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) konnten bislang rund 40 Prozent des Archiv-Bestands geborgen werden. Dabei handelt es sich unter anderem um eine Mischung aus Schutt und historischen Dokumenten. Diese Masse wurde in eine bewachte, 27 000 Quadratmeter große Halle gebracht, wo sich Archivare und Restauratoren weiter um das Fundgut kümmern.

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