Bischofskonferenz berät über Pius-Bruderschaft

Rückschau auf ein Erdbeben

Es war ein Erdbeben der stärkeren Sorte: Mit seinem Versuch, die vier Bischöfe der traditionalistischen Pius-Bruderschaft wieder in die Kirche einzugliedern, hat Papst Benedikt XVI. innerhalb und außerhalb der Kirche heftige Erschütterungen ausgelöst. Gerade in Deutschland erfasste seit Ende Januar eine Welle der Empörung Medien und Politik. Selbst einige katholische Bischöfe äußerten deutliche Kritik am Vatikan.

Autor/in:
Christoph Arens
Gastgeber Erzbischof Thissen und andere Bischöfe bei der Frühjahrs-Vollversammlung in Hamburg (KNA)
Gastgeber Erzbischof Thissen und andere Bischöfe bei der Frühjahrs-Vollversammlung in Hamburg / ( KNA )

Bei ihrer bis Donnerstag in Hamburg stattfindenden Frühjahrsvollversammlung wollen die 68 katholischen Bischöfe eine erste Bilanz der Auseinandersetzungen ziehen. Anschließend wird der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, nach Rom fahren und den Papst informieren, wie er am Montag in der Hansestadt ankündigte. Das Williamson-Desaster erwischte die deutschen Kirchenvertreter nahezu unvorbereitet. Dass der Papst mit der Aufhebung der Exkommunikation - ungewollt - auch einem Holocaust-Leugner wie Richard Williamson die Hand entgegenstreckte, darauf hatten deutsche Medien zwar schon in den Tagen zuvor aufmerksam gemacht, doch die Brisanz hatten nur wenige erkannt.

Unmittelbar nach Veröffentlichung der Vatikan-Mitteilung vom 24.
Januar interpretierte Zollitsch als Konferenz-Vorsitzender den Schritt des Papstes öffentlich als Ausdruck des Bemühens um die Einheit der Kirche. Benedikt XVI. lasse keinen Zweifel daran, dass die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils "unabdingbare Grundlage für das Leben der Kirche" seien. Einen Tag später wurde der stellvertretende Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff, deutlich: Nach dem "übergroßen Entgegenkommen des Papstes" müssten sich nun die Traditionalisten der Pius-Bruderschaft unmissverständlich zum Konzil bekennen. Vorher sei eine Rehabilitierung nicht zu machen.

Einhellig verurteilten in den folgenden Wochen alle Bischöfe die Holocaust-Leugnung durch Bischof Williamson. Und einhellig nahmen sie den Papst vor dem Vorwurf in Schutz, er rücke vom Zweiten Vatikanischen Konzil ab und unterstütze antijüdisches Gedankengut.
Am deutlichsten taten dies die bayerischen Bischöfe in einem gemeinsamen Brief. Zollitsch erläuterte am Montag, wichtigstes Anliegen des Papstes sei es, den Alptraum einer endgültigen Kirchenspaltung während seiner Amtszeit zu verhindern. Darüber hinaus allerdings zeigten die deutschen Bischöfe durchaus Unterschiede bei der Bewertung der Politik des Vatikan.

Mehrere Oberhirten forderten angesichts der Kommunikations-Katastrophe Reformen innerhalb der Kurie. Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen sprach von Schlamperei. Kardinal Karl Lehmann machte den kolumbianischen Kurienkardinal Dario Castrillon Hoyos und die für die Traditionalisten zuständige Kommission "Ecclesia Dei" dafür verantwortlich, sich nicht ausreichend informiert zu haben. Der Papst müsse klarstellen, dass die Leugnung des Holocaust kein Kavaliersdelikt sei.

Doch nicht nur der Fall Williamson allein veranlasste die Bischöfe zu kritischen Bemerkungen. Der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst warnte, auch das große Entgegenkommen gegenüber der Pius-Bruderschaft führe zur Abkehr zahlreicher Gläubiger von der Kirche. "Die Einheit nach der einen Seite darf nicht zur Entfremdung nach der anderen Seite führen."

Kardinal Lehmann deutete Meinungsunterschiede zwischen ihm und dem Papst bei der Interpretation der Beschlüsse des Konzils an. Als Kardinal Joseph Ratzinger vor 20 Jahren bereits einmal eine Einigung mit der Piusbruderschaft ausgehandelt habe, habe er persönlich die von Ratzinger gewählte Formulierung, "es sei bei dem Konzil eher um pastorale und nicht so sehr um dogmatische Fragen gegangen", für "viel zu weich" gehalten, so der Mainzer Bischof.

Lehmann dürfte damit die entscheidenden Diskussionspunkte für die kommenden Monate angesprochen haben. Es geht um die Frage, wie weit es sich die Kirche leisten kann, eine Bewegung zu integrieren, die in theologischen Fragen eine Rückwärtswende will, antijüdisches Gedankengut pflegt und nicht selten eine Nähe zu rechtsradikalen Strömungen erkennen lässt. Hinzu kommt die Frage nach der Verbindlichkeit der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils.