In Rüsselsheim demonstrieren Tausende für einen Erhalt der Opel-Werke

Großkampftag bei Opel

Nach der Kundgebung am Stammsitz des Autobauers sprach Opel-Betriebsratschef Klaus Franz von der "größten Demonstration, die Rüsselsheim je erlebte". Im hessischen Opelwerk hatten sich früh um 10 Uhr die Sternmärsche formiert, an denen sich von den rund 17 000 vor Ort Beschäftigten etwa 10 000 beteiligten. Angereist waren auch Kollegen aus dem Bochumer Werk und - als prominenteste Gäste - Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) und IG-Metall-Chef Berthold Huber. Die rund 15 000 Kundgebungsteilnehmer einte am Ende eine Forderung: "Opel darf nicht sterben!"

 (DR)

Ausgerufen war ein «europaweiter Aktionstag» aller Beschäftigten bei den Europa-Töchtern des US-Konzerns General Motors (GM). Geht es nach Arbeitnehmervertreter Franz, der auch dem Opel-Europa-Betriebsrat vorsteht, rücken die Kollegen künftig noch enger zusammen. Deutlicher als schon bisher forderte Franz eine unumkehrbare «Ausgliederung» des Rüsselsheimer Autobauers aus dem US-Konzern und einen «Unternehmensverbund» der europäischen Töchter unter dem Dach von Opel und Vauxhall (GB).

Als Bausteine auf dem Weg zur Unabhängigkeit nannte Franz neben dem «Zusammenschluss» der Standorte staatliche Bürgschaften, «neue Partner» als Investoren und eine stärkere Mitbestimmung der Unternehmenspolitik durch die Beschäftigten. Seine Konzernzentrale in Zürich solle GM einfach schließen, weil das Geld einspare. Die Unternehmensführung sei laut Franz mit Angestellten «bisher umgesprungen wie in einer Bananenrepublik».

Anders als Betriebsratschef Franz erntete Steinmeier während seiner Rede kaum Szenenapplaus. Die erhofften konkreten Zusagen über Bürgschaften der Regierung lieferte der Vizekanzler nicht. «Ich darf hier keine leichtfertigen Versprechungen machen», sagte Steinmeier. Von der GM-Führung erwarte er, ein «Zukunftskonzept» vorgelegt zu bekommen, das nicht auf dem Rücken der Beschäftigten umgesetzt werden dürfe. GM habe in der Vergangenheit gut verdient. Die Beschäftigten «nun wegzuschmeißen wie eine ausgepresste Zitrone wäre unanständig».

Wer den Beistand der öffentlichen Hand einfordere, habe eine «Bringschuld» für Konzepte, erklärte Steinmeier. «Nicht ihr habt den Schlamassel angerichtet!», rief der Vizekanzler den Kundgebungsteilnehmern zu. Nötig sei nun ein Zusammengehen aller europäischen Länder mit GM-Standorten. Die deutsche Automobilindustrie sei das «Herzstück unserer wirtschaftlichen Leistungskraft». Er wisse noch nicht, ob der Kampf für den Industriestandort gut ausgehen werde.

In aller Schärfe hatte es IG-Metall-Chef Huber zuvor als «Lumperei» bezeichnet, dass Beschäftigte nun für das Missmanagement im Konzern bezahlen sollten. GM habe weltweit Überkapazitäten aufgebaut und zum Teil Automodelle mit dem Leergewicht von Mini-Panzern entwickelt. Der Markt allein werde die Krise der Automobilindustrie nicht lösen, «denn der Markt geht über Leichen». Es dürfe nicht sein, dass die Bundesregierung Hunderte Milliarden Euro für Bank-Bürgschaften zur Verfügung stelle, nicht aber für den «industriellen Kern» des Wohlstands im Land.

Denkbar sei eine «Mitarbeiterbeteiligung» am Kapital einer aus GM herausgelösten Gesellschaft, sagte Huber. Die Beschäftigten müssten dann auch erweiterte Mitspracherechte haben. Der Gewerkschaftler ermunterte die Opel-Mitarbeiter in ihrer Kampfbereitschaft. «Euch wird nichts geschenkt», erklärte Huber. «Nichts aus Detroit. Und nichts aus Berlin.»