Abschluss der Frühjahrsvollversammlung fordern die Bischöfe eine Finanzreform und ziehen klare Grenzen zu Pius-Brüdern

Die Krise als Chance

Nach dem Eklat um die Pius-Bruderschaft haben sich die katholischen Bischöfe in Deutschland deutlich von dieser Gruppe distanziert, Kommunikationspannen im Vatikan kritisiert und zugleich den Papst gegen Kritik in Schutz genommen. In einer am Donnerstag nach ihrer Frühjahrsvollversammlung in Hamburg veröffentlichten gemeinsamen Erklärung räumen die Bischöfe ein, dass der Streit um die Priesterbruderschaft zu einer Verunsicherung bei den Gemeinden geführt habe.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Sie sehen den Konflikt aber zugleich als Chance, das Zweite Vatikanische Konzil neu ins Bewusstsein der Katholiken zu bringen und daraus eine neue Dynamik für die Kirche entstehen zu lassen.

Die Bischöfe betonen, dass die Pius-Bruderschaft die Beschlüsse des Konzils ohne Abstriche anerkennen müsse. Die Dokumente des Konzils gehörten "unaufgebbar zur katholischen Tradition"; eigens erwähnt werden die Texte über die Religionsfreiheit und die Beziehungen zu den nichtchristlichen Religionen, über die Ökumene und die Aussagen zur Kollegialität der Bischöfe in ihrem Verhältnis zum Papst.

In der fünf Punkte umfassenden Erklärung heben die Bischöfe hervor, dass die Pius-Bruderschaft sich nicht in Gemeinschaft mit der katholischen Kirche befinde. Es sei Sache der Bruderschaft, die Kirchenspaltung zu überwinden. Derzeit spreche vieles gegen eine Wiederherstellung der Einheit.

Die Pius-Brüder als zentraler Tagesordnungspunkt in den Debatten
Erneut fordern die Bischöfe eine "ernsthafte Distanzierung" des Traditionalisten-Bischofs Richard Williamson und der gesamten Priesterbruderschaft von antisemitischen Haltungen. Der Papst habe mehrfach unmissverständlich erklärt, dass die katholische Kirche jeden Antisemitismus und Antijudaismus verwerfe. Erfreut zeigen sich die Bischöfe darüber, dass der katholisch-jüdische Dialog trotz der Irritationen fortgesetzt werden konnte.

Noch einmal verweisen die Oberhirten darauf, dass die vier Traditionalisten-Bischöfe auch nach der Aufhebung der Exkommunikation keine Messe feiern oder Sakramente spenden dürfen. "In besonderer Weise verstoßen die für dieses Jahr angekündigten Heiligen Weihen der Priesterbruderschaft gegen die Ordnung und das Recht der Kirche", heißt es. An den Vatikan appellieren die Bischöfe, bald zu klären, mit welchen Konsequenzen ein Bischof rechnen muss, der die Priesterweihen vornehmen würde. Vom Vatikan erwarten die Bischöfe zudem "rasch Verbesserungen" bei der internen Abstimmung und bei der Kommunikation mit den Bischofskonferenzen. "Dies gilt besonders für Konfliktsituationen."

Die Querelen um die Pius-Brüder waren ein zentraler Tagesordnungspunkt in den Debatten auf der Frühjahrstagung der Deutschen Bischofskonferenz in Hamburg. Hinter verschlossenen Türen hatten die Bischöfe lange um Inhalte und Form der Erklärung gerungen. Zunächst war auch ein gemeinsamer Brief an die Gemeinden in der Diskussion - eine nur in seltenen Ausnahmefällen gewählte Maßnahme. Umstritten war auch, inwieweit die Bischöfe Kritik an der Arbeitsweise im Vatikan äußern sollten.

Mehrere Bischöfe hatten am Rande der Frühjahrsvollversammlung eingeräumt, dass die Verunsicherung in den Gemeinden groß sei. Die Bischöfe befänden sich in einer "peinlichen Situation", die schnell beendet werden müsse, sagte beispielsweise der Hamburger Erzbischof Werner Thissen. Der Augsburger Bischof Walter Mixa sagte, dass eine Aussöhnung mit der Pius-Bruderschaft "Jahre oder Jahrzehnte" dauern könnte.

Papst Benedikt XVI. hatte im Januar die Exkommunikation von vier Bischöfen der traditionalistischen Bruderschaft Pius X., darunter auch der Holocaust-Leugner Williamson, zurückgenommen. Dieser Schritt war weltweit scharf kritisiert worden.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, reist in der kommenden Woche nach Rom und trifft dort auch mit dem Papst zusammen. Im Vatikan hatte es in den vergangenen Wochen Unmut über deutliche Kritik deutscher Bischöfe an der Kirchenzentrale gegeben.

Reform der weltweiten Wirtschafts- und Finanzordnung
Angesichts der Finanzkrise fordern die katholischen Bischöfe in Deutschland eine Reform der weltweiten Wirtschafts- und Finanzordnung. Sie riefen am Donnerstag zum Abschluss ihrer Frühjahrsvollversammlung in Hamburg dazu auf, die Krise als Chance zu sehen, um die Grundprinzipien der sozialen Marktwirtschaft auch global zur Geltung zu bringen. Die Vollversammlung hatte sich am Mittwoch in einem Studienhalbtag mit der Krise beschäftigt.

Die Bischöfe appellierten zugleich an die Politik, mit den zur Stützung der Wirtschaft aufgelegten Konjunkturpakete auch die Interessen der künftigen Generationen und der Entwicklungsländer zu berücksichtigen. Die Belastungen der Krise durch Inflationsgefahr und wachsende Verschuldung dürften nicht voll an künftige Generationen weitergegeben werden. Vorrangig müsse deshalb in Bildung, Infrastruktur oder erneuerbare Energie investiert werden. Auch eine neue Abschottung der Märkte und ein Nachlassen im Kampf gegen Armut und Hunger dürfe nicht die Antwort sein, sagte der Münchner Erzbischof Reinhard Marx. Er verwies darauf, dass durch die Krise Hunderttausende von Existenzen vernichtet würden und Tausende Menschen verhungerten. Auch eine neue Verschuldungskrise der Entwicklungsländer sei zu befürchten.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, forderte klarere Regeln für Haftung und Transparenz der Unternehmen. Der Freiburger Erzbischof verteidigte den Einstieg des Staates bei mehreren Banken; der Staat müsse jedoch zugleich klare Richtlinien für einen Ausstieg verabschieden. Bei Beteiligungen an Firmen müsse klar sein, dass nur solche Unternehmen gestützt würden, die allein aufgrund der Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten seien.

Zollitsch warnte zugleich vor einem Misstrauen gegenüber Gewinnstreben und wirtschaftlicher Freiheit. „Auch wenn wir den Missbrauch der Freiheit nicht ausschließen können, dürfen wir sie aber deshalb nicht grundlegend beschränken." Notwendig sei ein Vertrauen darauf, dass „die Freiheit im Ganzen mehr Dynamik zum Guten als zum Schlechten auslöst".

Marx, der Sozialexperte der Bischofskonferenz ist, machte insbesondere die Deregulierung der Finanzmärkte und eine neoliberale Ideologie für die Krise verantwortlich; er kritisierte die einseitige Konzentration auf Spekulationsgewinne. Bei der Bezahlung von Bankern und Managern seien falsche Anreize gesetzt worden, die allein auf kurzfristigen Erfolg zielten. Forderungen nach einer Begrenzung von Manager-Gehältern wollte der Münchner Erzbischof nicht zustimmen. Wichtiger sei, dass die Gehälter an den langfristigen Erfolg und das Wohl des gesamten Unternehmens gebunden seien.

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