Israel: Kadima gewinnt knapp

Livni im Glück?

Knapper Wahlausgang in Israel: Aus den Parlamentswahlen ist die Regierungspartei Kadima von Außenministerin Livni als stärkste Kraft hervorgegangen. Sie liegt einen Sitz vor dem rechtsorientierten Likud von Benjamin Netanjahu. Dennoch könnte nach einem Rechtsruck auch Oppositionsführer Netanjahu eine Regierungskoalition bilden. Thomas Birringer von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rammallah erwartet schwierige Koalitionsverhandlungen.

 (DR)

domradio: Livnis Kadima-Partei liegt mit 28 Knesset-Sitzen mit nur einem Sitz vor dem rechtsgerichteten Likud von Benjamin Netanjahu. Das nationale Lager hat insgesamt aber eine Mehrheit. Wie geht es nun weiter?
Thomas Birringer: Die Frage der Koalitionsverhandlungen wird nun noch wesentlich spannernder werden, als die eigentliche Wahl. Dass Livni stärker wird als Netanjahu war zwar nicht erwartet worden, das ist eine Überraschung. Es macht aber die Frage der Koalitionsverhandlungen und der Regierungsbildung eher noch komplizierter, als ohnehin schon.

domradio: Welche könnte denn jetzt mit wem koalieren?
Thomas Birringer: Es gibt zwei Möglichkeiten: Eine Art große Koalition mit Kadima, der Arbeitspartei und der Likud von Netanjahu mit möglicher Beteiligung der Partei von Liebermann. Dies dann sicherlich unter der Führung von Livni. Die andere Möglichkeit: Eine Koalition rechts der Mitte unter Führung von Netanjahu die Lituk, Israeli Beitenu von Avigdor Lieberman, viele kleine rechtsnationale Parteien und eventuell auch Kadima zusammenfassen würde.

domradio: Netanjahu vom rechtsgerichteten Likud ist ein Hardliner. Was würde es für den Friedensprozess und damit für die gesamte Region bedeuten, wenn er Premier würde?
Thomas Birringer: Netanjahu hat im Hinblick auf die Fortsetzung der Verhandlugnen mit den Palästinensern unterm Strich eher vage Positionen bezogen. Einerseits hat er angekündigt, die Verhandlungen nicht fortzusetzen, sondern sich lediglich um die wirtschaftliche Entwicklung der Palästinensergebiete zu kümmern. Davon ist er dann später wieder abgerückt, das ist also unklar. Sicherlich wäre Livni klarer für eine Fortsetzung der Verhandlungen und klarer für den Wunsch, möglichst bald eine tragfähige Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen. Für den Friedensprozess wäre es sicherlich besser, wenn sie Ministerpräsidentin werden würde.

domradio: Wie wird die Wahl und ihr knapper Ausgang von den Palästinensern beurteilt?
Thomas Birringer: Es gibt auf der einen Seite die moderaten friedenswilligen Palästinenser um Palästinenserpräsident Abbas, die natürlich auf Livni und eine Zweistaatenlösung hoffen. Auf der anderen Seite steht die radikale die Hamas: Die scheren alle über einen Kamm, lehnen Israel ab und machen keinen Unterschied zwischen den Parteien in Israel.