Studie zur Integration von Migrantengruppen

Integrationsdefizite besonders unter Türkischstämmigen

Zuwanderer in Deutschland sind im Durchschnitt schlechter gebildet, häufiger arbeitslos und nehmen weniger am öffentlichen Leben teil als Einheimische. Das geht aus einer heute vorgestellten Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung hervor. Am schlechtesten schneiden dabei die fast drei Millionen Türkischstämmigen ab.

 (DR)

Große Integrationsmängel wiesen zudem die Gruppe der Ex-Jugoslawen und der Afrikaner auf. Am besten integriert seien Personen aus EU-Staaten - abgesehen von Südeuropäern. So hätten zugewanderte Portugiesen oder Griechen eine niedrigere Bildungsqualifikation, sie zeigten aber eine hohe "Integrationsdynamik". Der größten Gruppe der insgesamt 15 Millionen Migranten, den knapp vier Millionen Aussiedlern, bescheinigt die Studie "gute Integrationswerte".

Integriert gilt laut Studie derjenige, der Einheimischen in jeder Hinsicht gleichgestellt ist. Das Institut wertete sozioökonomische Daten des Mikrozensus 2005 von einem Prozent aller Haushalte aus.
Unter den Türkischstämmigen haben nach den Angaben 30 Prozent keinen Bildungsabschluss, mehr als jeder Fünfte ist arbeitslos. Selbst in der zweiten Generation machten nur halb so viele Jugendliche Abitur wie bei Einheimischen. Wesentlich besser gestalte sich die Eingliederung aber bei den Türkischstämmigen, die einen deutschen Pass haben, so Institutsleiter Reiner Klingholz.

Parallelgesellschaften statt Angleichung
Als Schlüssel zur Integration nannte er die Bildung. Die Studie hält zugleich fest, dass bei Türken "Parallelgesellschaften der Angleichung der Lebensverhältnisse im Wege stehen". 93 Prozent der in Deutschland geborenen Türkischstämmigen führen eine Ehe mit Personen der gleichen Herkunftsgruppe. Bei Aussiedlern der zweiten Generation schließen demgegenüber rund 67 Prozent eine Ehe mit Einheimischen. Klingholz rechnet damit, dass sich der Migrationshintergrund von Aussiedlern bald "auflöst".

Unter den Bundesländern gelingt Hessen und Hamburg laut Studie die Integration am besten. Am schwersten tut sich das Saarland. Bei den Großstädten liegen München, Bonn und Hamburg vorne. Größte Integrationsprobleme zeigen sich in Bochum/Herne, Dortmund, Nürnberg und Duisburg.

Reaktionen
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Maria Böhmer (CDU), nannte die Zahlen "dramatisch". Sie führte die Verhältnisse auf "Versäumnisse der Vergangenheit" zurück. Die Anstrengungen im Rahmen des Nationalen Integrationsplans müssten verdoppelt werden.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, betonte, dass es sich um ein gesellschaftliches und nicht um ein ethnisches Problem handele. Viele Beispiele zeigten, dass auch für Türken Integration möglich sei. Kolat beharrte auf der doppelten Staatsbürgerschaft. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte diese im "Spiegel" erneut abgelehnt.

Der Dialogbeauftragte der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), Bekir Alboga, machte in der "Osnabrücker Zeitung" fehlende Gleichbehandlung an Schulen und zu geringe staatliche Förderung für die schlechte Integration von Türken mitverantwortlich.