Obama erwarten beim Themen wie Abtreibung und Stammzellen Konflikte mit der Kirche

Kein Messias

Der Sekt in den Gläsern ist kaum schal, die große Party noch nicht richtig vorbei, da beginnt schon die Arbeit. Der neue US-Präsident Barack Obama legt nach der bombastischen Amtseinführung vor Millionen Zuschauern einen Blitzstart hin. Kaum vereidigt, ging er seine ersten Wahlversprechen an. Einige davon bereiten der katholischen Kirche erhebliche Kopfzerbrechen: Recht auf Abtreibung, Homosexuellen-Ehe und Förderung der Genforschung.

Autor/in:
Caroline Schulke
 (DR)

Die erste Amtshandlungen, Einberufung seines Stab zur Beratung eines Truppenabzugs aus dem Irak. Verfügung eines Stopps der Terrorismus-Verfahren im umstrittenen Gefangenlager Guantanamo auf Kuba, dürften Obama die Zustimmung vieler Staaten, Menschenrechtsorganisationen und der Kirche bescheren.

Doch schon bald werden wohl weitere Themen auf der obamaschen To-Do-Liste auftauchen, mit denen zumindest die Christen in den USA so ihre Probleme haben dürften. Einem Bericht der «Los Angeles Times» zufolge stehen beim Thema Abtreibung schon bald Neuerungen an. Und auch die von der Bush-Regierung aufgestellten Schranken bei der staatlichen Förderung von Stammzellforschung könnten demnach fallen. Obama erwäge, in dieser Frage neue Gesetze durch den Kongress zu bringen.

Konkreter sieht es demnach beim Thema Abtreibung aus. Als eine seiner ersten Handlungen als Präsident plane Obama, eine Bestimmung aufzuheben, die staatlichen Gelder für jene internationalen Organisationen ausschließt, die im Rahmen von Familienberatung auch Abtreibungsberatung anbieten oder Schwangerschaftsabbrüche fördern.

Indem er sich an diese Frage der staatlichen Förderung macht, stellt der Neue im Weißen Haus sich in eine Linie mit den Alten. 1984 stoppte der Republikaner Ronald Reagan die staatliche Bezuschussung solcher Organisationen. Der Demokrat Bill Clinton führte sie wieder ein - bis der Republikaner George W. Bush sie erneut stoppte. Die beiden letzteren taten dies laut Bericht am 22. Januar, dem Jahrestag jener wegweisenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, die 1973 Abtreibung in den USA erlaubte.

Ob auch Obama, Demokrat wie Clinton, bereits an diesem Donnerstag den Reigen des Wechsels fortsetzen wird, vermag die «Los Angeles Times» nicht vorauszusehen. Doch Gegner des Finanzierungsverbots rechnen mit einer Änderung noch innerhalb der ersten Amtswoche Obamas.

Unabhängig vom Zeitplan ist diese Frage sicher eine, die den neuen US-Präsidenten in Konflikt mit der Kirche bringen wird - zumal er bereits allen kirchlichen Warnungen zum Trotz ankündigte, dass er ein «Recht auf Abtreibung» gesetzlich verankern will. So sagten die US-Bischöfe zwar ihrem neuen Präsidenten in einem Brief vor Amtsantritt ihre Unterstützung und Zusammenarbeit zu, machten aber mit Blick auf den Lebensschutz deutlich, dass sie für den Schutz ungeborener Kinder, Behinderter und Sterbenskranker eintreten wollen.

«Wir werden beständig das Recht auf Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod verteidigen», heißt es in dem vom Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz, Kardinal Francis George, unterschriebenen Brief. Das passt kaum zu Obamas Haltung zur Abtreibung.

Ähnlich verhält es sich auf Ebene der Weltkirche. Zwar gratulierte Papst Benedikt XVI. dem neuen US-Präsidenten früh zu seinem Wahlsieg, sprach von einer historischen Chance und äußerte in einem Telegramm zu Obamas Amtseinführung die Hoffnung, dass dieser zu gegenseitigem Verständnis, zu Zusammenarbeit und Frieden unter den Nationen beitrage.

Doch neben den großen Erwartungen etwa mit Blick auf Frieden im Nahen Osten, Klimaschutz oder Armutsbekämpfung, gibt es auch Bedenken im Vatikan. So äußerten sich Kurienkardinäle bereits alarmiert über die Ideen des neuen Präsidenten hinsichtlich Abtreibung und Stammzellforschung. In diesen Feldern stand die Bush-Regierung der Kirche zweifellos näher.

Eine einzige Sektlaune wird die Präsidentschaft für Obama also sicher nicht werden - nicht zuletzt wegen der geradezu übergroßen Ansprüche, die von fast allen Seiten an ihn herangetragen werden. Der belgische Kardinal Godfried Danneels warnte bereits vor übergroßen Erwartungen. Der Zeitung «Le Soir» sagte er am Mittwoch: Obama sei nicht der Messias.