Berlin erwartet mehr Gemeinsamkeiten mit Washington

Große Hoffnungen

Deutsche Spitzenpolitiker haben zur Amtseinführung des neuen US-Präsidenten die Hoffnung auf eine bessere Zusammenarbeit mit der neuen US-Regierung geäußert. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, sie setze auf mehr wechselseitiges Zuhören und mehr Gemeinsamkeiten.

 (DR)

Außenminister Franz-Walter Steinmeier (SPD) nannte als Beispiel für die künftige Kooperation die "gemeinsame Arbeit an einer transparenten und verlässlichen Architektur des Weltfinanzsystems". Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle hofft auf einen "neuen Respekt vor den Menschenrechten". Grünen-Parteichefin Claudia Roth erwartet, dass es Obama gelingt, "Kooperation an die Stelle von Konfrontation" zu setzen.

Bei der Bewältigung der Finanzkrise erwartet die Kanzlerin von Obama einen stärkeren multilateralen Ansatz. "Das heißt, dass auch die USA, wenn es um internationale Abkommen geht, ein Stück ihrer eigenen Souveränität internationalen Organisationen zur Verfügung stellen." Amerika müsse sich auf internationale Regeln für die Finanzmärkte einlassen.

Kritik an Unterstützung der amerikanischen Automobilindustrie
Kritisch äußerte sich Merkel zur Unterstützung der amerikanischen Automobilindustrie durch die US-Regierung. Wettbewerbsverzerrende Subventionen dürften nicht auf Dauer gezahlt werden. In der Iran-Frage lobte Merkel die von Obama angestrebte Dialogbereitschaft mit Teheran. Zu eine stärkeren militärischen Rolle Deutschlands in Afghanistan bekräftigte die Kanzlerin eine zurückhaltende Position.

Außenminister Steinmeier sieht "gewaltige Aufgaben" vor Obama. "Wie wir muss er sich mit ganzer Kraft gegen die Wirtschaftskrise stemmen", sagte er. Als Themen einer "neuen transatlantischen Agenda" nannte er die Bekämpfung des Klimawandels, mehr Energiesicherheit, weltweite Abrüstung und die Bewältigung internationaler Konflikte ob in Nahost, Iran oder Afghanistan.

Grünen-Parteichefin Claudia Roth verbindet viele Hoffnungen mit Obamas Präsidentschaft, warnt zugleich aber vor zu hohen Erwartungen. So hoffe sie, dass es ihm nach der achtjährigen Eiszeit von George W. Bush gelinge, "Gräben in den USA und in der internationalen Politik zu überbrücken und Kooperation an die Stelle von Konfrontation zu setzen".

FDP-Chef Guido Westerwelle hofft auf einen "neuen Respekt vor den Menschenrechten" durch die neue US-Regierung. "Barack Obama will Guantanamo schließen. Dies erneuert Amerikas Ruf", betonte Westerwelle. Zugleich warnte Westerwelle die künftige US-Regierung vor Protektionismus: "Globaler Wohlstand für alle ist nur denkbar, wo Abschottung und Handelsbarrieren überwunden werden."

"Er hat verstanden, dass Zusammenarbeit geboten ist"
Der frühere deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) erwartet, dass Obama eine bessere transatlantischen Zusammenarbeit anstrebt. "Er hat verstanden, dass Zusammenarbeit geboten ist, die aber nur funktionieren kann, wenn sie auf Gleichberechtigung und Ebenbürtigkeit begründet ist", sagte Genscher. Niemals zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg sei ein amerikanischer Präsident mit so viel Hoffnung und so vielen Erwartungen begrüßt worden wie Obama.

Der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, Karsten Voigt, erwartet, dass sich Deutschland unter Obama politisch und militärisch weltweit stärker engagieren muss. Voigt rechnet vor allem mit einer neuen nuklearen Abrüstungsinitiative und einen engeren Dialog mit Russland. Es sei Wunsch auch der demokratischen Führung, die Zahl der Nuklearwaffen drastisch zu reduzieren.