Weltfamilientreffen verbindet Glaubensfest und Tagungsarbeit

Fiesta Mexicana

Zum sechsten Mal versammeln sich ab Mittwoch katholische Familien aus aller Welt, um über Elternschaft, Erziehung und gemeinsames Leben aus einer christlichen Gesinnung zu reflektieren. Zu dem Großtreffen, das vom Päpstlichen Rat für die Familie organisiert wird, werden 10.000 Teilnehmer aus rund 100 Nationen in Mexiko-Stadt erwartet. Das Motto: "Die Familie, Erzieherin zu menschlichen und christlichen Werten".

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Das Großtreffen erinnert ein bisschen an die Weltjugendtage - wenngleich es noch nicht so etabliert ist und die Zahl der Dauergäste weit niedriger liegt. Der Weltfamilientag ist Pastoralkongress und Ideenbörse, Plattform für den informellen Austausch und religiöses Massenereignis. Wie bei früheren Zusammenkünften in Valencia, Rom, Manila oder Rio de Janeiro wird der Schlussgottesdienst am Sonntag beim Wallfahrtsheiligtum der Muttergottes von Guadalupe wohl mehr als eine Million Menschen anziehen. Und das, obwohl der Papst sich im Unterschied zur Begegnung 2006 in Spanien von Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone vertreten lässt. Vor Monaten war noch über eine persönliche Teilnahme Benedikt XVI.
spekuliert worden. Nun wird das Kirchenoberhaupt - ähnlich wie Johannes Paul II. 2003 in Manila - eine Videobotschaft an die Familien richten.

Dem großen Finale gehen Tage nüchterner Arbeit voraus. Auf dem Tagungsprogramm stehen Vorträge im Dreiviertelstundentakt über Themen wie familiäre Werte in der Bibel, Familie und Sexualität, Familie und Mediennutzung, Migration, Familiengesetzgebung und geistliche Berufung. Wie sehr die Familie dem Vatikan ein Anliegen ist, lässt sich an Zahl und Rang hoher Kirchenvertreter ablesen: 200 Bischöfe und 30 Kardinäle haben sich zu den Vorträgen, Podien und Katechesen angemeldet.

Daneben präsentiert sich ein Strauß von Initiativen und geistlichen
Gemeinschaften: Die Legionäre Christi und das Neokatechumenat erläutern ebenso wie die Fokolar- und Schönstattbewegung, was sie zur Bildung von Familienwerten beitragen wollen. Auch etwa die Gemeinschaft Sant'Egidio, die Katholische Charismatische Erneuerung und «Marriage Encounter» sind vor Ort. Dass wertkonservative Vereinigungen einen gewissen Schwerpunkt bilden, liegt in der Natur der Sache: Es geht um das Bewahren und Bestärken dessen, was aus der Sicht des Papstes und vieler Katholiken gesellschaftlich immer mehr in die Defensive gerät.

Auch das Gastgeberland Mexiko erlebt eine Krise des traditionellen Familienbildes. Aus Sicht des Päpstlichen Familienrates ist die Familie einerseits weiter «die erste Institution der Hilfe und Solidarität». Überkommene Werte besitzen nach wie vor starke Bindekraft, die Familie ist noch immer der Kitt im sozialen Gefüge.
Aber zusehends werden Familien auch dort mit einer individualistischen und konsumorientierten Kultur konfrontiert. «Man privilegiert andere Formen des Zusammenlebens, die den Wert der Familie verdunkeln, die auf der Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gegründet ist», urteilt der von Kardinal Ennio Antonelli geleitete Rat.

Mexikos Bischöfe sahen sich erst im Oktober zu öffentlichem Protest gegen ein neues Scheidungsgesetz veranlasst, das Richtern im Regierungsbezirk Mexiko-Stadt ermöglicht, eine Ehe binnen 30 Tagen für getrennt zu erklären. Zuvor, im April 2007, beschloss das Stadtparlament die Straffreiheit von Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche. Darüber wie auch über eine Initiative zur Sterbehilfe gab es erhebliche Polarisierungen. Obwohl mit Felipe Calderon seit zwei Jahren ein christlich-konservativer Politiker an der Spitze der Regierung steht, beobachtet der vatikanische Familienrat mit Sorge einen Trend in der mexikanischen Gesetzgebung, «mit großer Leichtigkeit sowohl Abtreibung wie auch rasche Scheidungen und Sterbehilfe» zu ermöglichen.

Ein Kampfplatz zur politischen Auseinandersetzung ist der Weltfamilientag dennoch nicht - auch wenn 2006 die Begegnung zwischen Benedikt XVI. und dem Sozialdemokraten Jose Luis Rodriguez Zapatero in Valencia die Spannungen zwischen Kirche und Staat in Spanien ins Bewusstsein hob. In erster Linie bedeutet das katholische Großtreffen für seine Teilnehmer etwas Ähnliches wie der Weltjugendtag oder der Eucharistische Weltkongress: eine Selbstvergewisserung und ein internationales Fest des Glaubens.