Bundestag beschließt Teilnahme an erster EU-Marineoperation "Atalanta"

Deutschland beginnt Jagd auf Piraten

Deutschland wird sich ab Samstag mit einer Fregatte an der Piratenjagd am Horn von Afrika beteiligen. Mit großer Mehrheit beschloss der Bundestag am Freitag in Berlin die Teilnahme der Marine an der EU-Mission "Atalanta" zum Schutz der Seewege vor der somalischen Küste. Hintergrund sind rasant zunehmende und immer brutalere Überfälle auf zivile Schiffe in der Region, die jedes Jahr von 25 000 Handelsschiffen genutzt wird. Allein in diesem Jahr wurden knapp 250 Piraten-Attacken gemeldet.

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Von André Spangenberg
 (DR)

«Wir haben es mit alten Gefahren im neuen Gewand zu tun», sagte der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckart von Klaeden (CDU). Er erinnerte daran, dass nach offiziellen Angaben in den Jahren 2000 bis 2006 insgesamt 2463 Piraten-Vorfälle gezählt wurden. Das International Maritime Bureau (IMB) schätze sogar, dass die Grauziffer um 50 Prozent höher liege. Da die Piraterie Rückwirkung auf die Heimatstaaten habe, werde es ohne eine Bekämpfung der Seeräuber keine Chance geben, «zu einer Stabilisierung dieser Staaten zu kommen».

Die FDP-Wehrexpertin Birgit Homburger bezeichnete ebenfalls eine seit mehr als 15 Jahren fehlende staatliche Ordnung in Somalia als eine der Hauptursachen für Piraterie. Inzwischen sei dort eine organisierte Piraterie entstanden mit Ausgangsbasen an Land und Mutterschiffen auf See. Zudem sei eine Zusammenarbeit mit dem Terrornetzwerk Al-Qaida nicht ausgeschlossen. Daher komme es darauf an, eine umfassende Gegenstrategie entwickeln, «bevor sich der internationale Terrorismus dort endgültig festsetzt».

Die Linke räumte ein, dass gegen die Piraterie und deren Wurzel vorgegangen werden müsse. «Die Piraten sind nicht die Robin Hoods der Neuzeit», sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion, Paul Schäfer. Doch sei ein Militäreinsatz nicht der richtige Weg. Allein in den letzten 48 Stunden seien erneut vier Schiffe gekapert worden, obwohl elf Kriegsschiffe in der Region operierten. Nötig sei daher der Aufbau einer Küstenwache unter Leitung der UNO, hier sei auch ein effektiver Beitrag der Bundespolizei möglich.

Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin bescheinigte der Linken einen «Lernfortschritt», da sie mittlerweile Waffengewalt nicht mehr grundsätzlich ausschließe. Denn nicht vergessen werden sollte, dass die Piraten derzeit 14 Schiffe mit 280 Seeleuten in ihrer Gewalt haben. Eine von der Linken geforderte Küstenwache könne aber kein Ausweg sein, da diese den Aufbau von Basen an Land und damit eine Verstrickung in die kriegerischen Auseinandersetzungen bedeute. Hilfe sei deshalb beim politischen Wiederaufbau geboten.

Am 7. Dezember beschloss die EU die Operation «Atalanta», die einen Tag später startete. Das Seegebiet des EU-Marineverbandes erstreckt sich bis zu 500 Seemeilen vor der Küste Somalias und seiner Nachbarländer. Es ist damit etwa vier Mal so groß wie die Bundesrepublik. Derzeit sind drei Fregatten, ein Versorgungsschiff und zwei Seefernaufklärungsflugzeuge aus EU-Staaten in der Region im Einsatz. Mindestens sechs Schiffe und drei Seefernaufklärer sollen in den kommenden Monaten helfen, die Seewege vor der somalischen Küste und im Golf von Aden sicherer zu machen.

In namentlicher Abstimmung votierten 491 Parlamentarier für den Antrag der Bundesregierung, der die Entsendung einer Fregatte für die EU-Mission «Atalanta» vorsieht. 55 Abgeordnete stimmten dagegen, es gab 12 Enthaltungen. Das entspricht einer Zustimmung von 88 Prozent. Der Einsatz ist bis zum 15. Dezember 2009 befristet.