Berliner christliche Initiative kritisiert Kirchen für Unterstützung von "Pro Reli"

Gegenwind

 (DR)

- Infratest-Umfrage: Mehrheit der Bundesbürger für Pflichtfach Ethik - (Zweite Zusammenfassung - neu: Reaktion
Landeskirche) =

Berlin (epd). Die Initiative «Christen pro Ethik» hat die beiden großen Kirchen für ihre Unterstützung des Berliner Volksbegehrens «Pro Reli» kritisiert. Mit Blick auf die evangelische Kirche sei es ihm «unbehaglich», dass sie sich das Anliegen des eingetragenen Vereins Pro Reli zu eigen gemacht und «mit enormem propagandistischem Aufwand in die letzten Winkel unserer Kirche» getragen habe, sagte der Pfarrer an der Französischen Friedrichstadtkirche, Stephan Frielinghaus, am Dienstag in Berlin. Dass es dazu lange Zeit keine Gegenposition gegeben habe, «passt gar nicht zu uns als evangelische Kirche». Die Landeskirche stellte sich unterdessen erneut an die Seite von Pro Reli.

   In einem Aufruf bekräftigte die Initiative ihre Unterstützung für das in Berlin 2006 eingeführte Pflichtfach Ethik und wendet sich gegen eine Gleichstellung des Religionsunterrichts mit ihm. Es müsse ein Fach geben, in dem Schüler unterschiedlicher weltanschaulicher, kultureller und sozialer Herkunft ethische Fragen gemeinsam diskutieren könnten, sagte Frielinghaus zur Begründung.

   Gemeinsame Werte, Respekt und Toleranz seien für das friedliche Zusammenleben der Menschen in einer multireligiösen und multikulturellen Stadt wie Berlin unverzichtbar. Gleichzeitig sei ein freiwilliger Bekenntnisunterricht angemessen, hieß es weiter. Zu den rund hundert Erstunterzeichnern des Aufrufs zählen auch etwa zwei Dutzend Theologen und Pfarrer, darunter der Publizist Eugen Drewermann, der frühere Generalsekretär von «Pax Christi», Joachim Garstecki, und die ehemalige brandenburgische Ausländerbeauftragte Almuth Berger.

   «Ich möchte nicht, dass eine wachsende Zahl von Kindern beispielsweise über Homosexualität nur etwas im islamischen Religionsunterricht erfährt», sagte Frielinghaus weiter. Ähnlich verhalte es sich etwa beim Thema Abtreibung im katholischen Religionsunterricht. Genauso gebe es Themen, die er nicht allein von der evangelischen Kirche behandelt wissen wolle, so der protestantische Theologe.

   Der Direktor des Instituts für Vergleichende Ethik an der Freien Universität, Michael Bongardt, betonte, im Ethikunterricht sollten Kompetenzen über die Konfessions- und Religionsgrenzen hinaus vermittelt werden. Dazu zähle, über Religion zu sprechen und sich achten zu lernen. Er sei «ganz eindeutig pro Ethik», sagte der frühere katholische Priester. Es sei sinnvoll und wichtig, dass es die Möglichkeit eines solchen Unterrichts gebe. Es müsse allerdings jeder entscheiden können, ob er das will.

   Gleichzeitig stellte der Bundesvorsitzende des Fachverbandes Ethik in Berlin, Peter Kriesel, eine neue repräsentative Umfrage vor, nach der sich 53 Prozent der Deutschen für ein Pflichtfach Ethik aussprechen. Demgegenüber befürworten 44 Prozent der Befragten eine Wahlmöglichkeit zwischen Religions- und Ethikunterricht als gleichrangige Fächer. Für die von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) bei Infratest dimap in Auftrag gegebene Untersuchung wurden am 25. und 26. November bundesweit 1.000 Personen ab 14 Jahren befragt.

   Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz verwies demgegenüber auf eine repräsentative Forsa-Umfrage aus dem Januar 2008, nach der die «Mehrheit der Befragten für eine freie Wahlmöglichkeit zwischen gleichberechtigten Unterrichtsfächern» sei.
Sie bekräftigte zudem ihre Unterstützung für das Volksbegehren «Pro Reli».

   Das derzeit in Berlin laufende Volksbegehren hat die Gleichstellung des freiwilligen Religionsunterrichts mit dem Ethikfach in der Bundeshauptstadt zum Ziel. Sollten bis zum 21.
Januar 170.000 Unterschriften zusammenkommen, steht 2009 ein Volksentscheid an.