Thailands Krise ist auch eine des Buddhismus

Das Schweigen der Mönche

Die Regierungspartei verboten und der Premierminister seines Amts enthoben - Thailand steckt in einer Politkrise. Die buddhistische Mönche im Land schweigen zu alledem. Sie sind - wie die übrige Gesellschaft - politisch tief gespalten und haben Angst.

Autor/in:
Michael Lenz
 (DR)

Zwei junge buddhistische Mönche haben sich unter die Demonstranten gemischt. In ihren safrangelben Roben stehen sie zwischen rund 1.000 "Rothemden", die am Dienstag vor einem Gericht in Bangkok gegen die Auflösung der drei Regierungsparteien durch das thailändische Verfassungsgericht demonstrierten. "Das Urteil ist ungerecht. Die Regierung war vom Volk gewählt", sagt einer der Mönche. Seinen Namen will er lieber nicht nennen: "Ich könnte aus meinem Orden ausgeschlossen werden."

Die Richter haben die Parteien aufgelöst, so wie es die Verfassung vorschreibt, wenn Parteifunktionäre des Wahlbetrugs für schuldig befunden wurden. Das Urteil verschärft die politische Krise, in der sich Thailand seit drei Monaten befindet. Erst besetzten die "Gelbhemden" der außerparlamentarischen Opposition der "Volksallianz für Demokratie" (PAD) den Regierungssitz. Und seit nunmehr acht Tagen blockieren sie auch die Flughäfen von Bangkok und fordern den Rücktritt der Regierung.

Wie der Machtkampf zwischen der alten, antidemokratischen Elite aus Royalisten, Armee und Großbürgertum sowie ihrer "Bewegung" PAD einerseits und der im Volk beliebten Bewegung des 2006 durch einen Militärputsch gestürzten Ex-Ministerpräsidenten Thaksin Shinwatra weitergehen wird, ist völlig offen. Selbst das schlimmste Szenario wird nicht mehr ausgeschlossen: Bürgerkrieg.

"Die Mönche haben Angst"
Thailands Mönche aber schweigen zu alledem. Der politische Buddhismus, wie er in einigen Nachbarländern Thailands wie Birma, Sri Lanka oder Tibet existiert, ist im ehemaligen Siam noch nicht angekommen. "Die Mönche haben Angst. Für jede öffentliche Stellungnahme brauchen sie eine Genehmigung von höherer Stelle", sagt der Politikwissenschaftler Mano Mettanando Laohavanich. Er hängte vor einem Jahr seine Mönchsrobe aus Protest gegen die zunehmende Staatsnähe des offiziellen Buddhismus an den Nagel. "Der Buddhismus in Thailand steht schon zu lange unter staatlicher Kontrolle."

Die Mönche sind - wie die Gesellschaft - politisch tief gespalten.  Die Mehrheit der Führung im größten Orden Mahanikaya seien Anhänger von Thaksin und der von ihm gestützten Parteien, sagt Laohavanich.
Der Orden Thammayuttikanikaya hingegen unterstütze mehrheitlich die PAD als Bewegung der alten Elite. Der oberste Patriarch des feudalistisch verfassten Thai-Buddhismus genieße absolute Macht und werde von eben den Eliten ernannt, die die PAD repräsentiert - aus den Reihen von Thammayuttikanikaya.

Einzelne Mönche erheben ihre Stimme
Es gehört zu den vielen Merkwürdigkeiten in Thailands Krise, dass die buddhistische Santi-Asoke-Sekte zu den treibenden Kräften der PAD gehört - obwohl sie damit genau jenen Kräften zur Rückgewinnung der Macht verhilft, die die vor gut 20 Jahren gegründete asketisch-fundamentalistische Santi Asoke zu Häretikern erklärten und aus dem offiziellen Thai-Buddhismus ausschlossen. Was die beiden gegnerischen Strömungen nun verbindet, ist der gemeinsame Feind Thaksin. Pra Jan, der sich als "Medienmönch" von Santi Asoke beschreibt, sagt: "Thaksin hat uns belogen. Er war genauso korrupt wie alle anderen."

Einzelne Mönche der Mahanikaya-Strömung erheben aber doch ihre Stimme. So wie Abt Phra Payom Kalayano. Vor acht Tagen hatte er seinen Tempel Suan Kaew in Bangkok für eine Großkundgebung der Thaksin treuen Rothemden geöffnet. "Ohne Moral ist Politik eine Katastrophe", verteidigt er sich gegen seine Kritiker.

Beide politischen Seiten sind überzeugt, moralisch auf der richtigen Seite zu stehen. So gespalten, sind die Mönche allerdings nicht in Lage, zu der immer tiefer und gefährlicher werdenden Krise eine ausgleichende Rolle zu übernehmen. Der Ex-Mönch Laohavanich sagt über das Dilemma: "Es gibt hier in Thailand einfach keine engagierte Lehre, die Buddhismus und soziale Fragen wie Demokratie und Menschenrechte zusammenbringt."