Bischöfe kritisieren Finanzgebaren von Bankmanagern

Über die Gier nach dem schnellen Geld

Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch kritisiert das in seinen Augen "verantwortungslose Finanzgebaren" von Bankmanagern. Unvorstellbare Summen an Geld zerplatzten plötzlich wie eine Seifenblase, "weil diejenigen, die entscheiden, nicht für die Folgen ihres Tun einstehen, nicht dafür haften müssen", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Sonntag in Hockenheim. Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller sieht in der gegenwärtigen Finanzmarktkrise auch eine Chance auf ein gesellschaftliches Umdenken.

Erzbischof Zollitsch: Moralischen Gleichgewichtssinn verloren (KNA)
Erzbischof Zollitsch: Moralischen Gleichgewichtssinn verloren / ( KNA )

Die derzeitige Bankenkrise mache «auf schmerzliche Weise» bewusst, wie schnell vermeintliche Sicherheiten Schall und Rauch seien. «Wo die Gier nach dem schnellen Geld größer ist als das notwendige Verantwortungsbewusstsein, da gerät die Welt schnell aus den Fugen», betonte Zollitsch.

In diesem Zusammenhang sprach er sich auch für den Schutz des Sonntages aus. Dieser stehe für «Halt und Orientierung in Gott». Weil der Mensch dies beides brauche, dürfe der Sonntag nicht «auf dem Altar des Kommerzes geopfert und auf dem Holzstoß oft kurzsichtiger Spekulationen verfeuert werden», betonte der Erzbischof. Mit den dramatischen Erfahrungen der Bankenkrise stehe man an einem Punkt, an dem man aufwachen müsse. Der Sonntag als Tag der Gottesverehrung halte den innersten Sinn des Lebens wach und stehe weit über dem materiellen Gewinn.

Bischof Müller: Finanzkrise kann auch Chance sein
Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller sieht in der gegenwärtigen Finanzmarktkrise auch eine Chance auf ein gesellschaftliches Umdenken. Müller sagte in einem ddp-Interview in Regensburg, er hoffe dass als Folge der Krise Werte wie Gemeinschaftsgeist, Solidarität und Würde des Menschen wieder stärker geschätzt würden - und damit der Sinn für soziale Gerechtigkeit und ein weltweites Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen wieder bestimmend werde.

Die Finanzkrise sei «sicherlich» auch eine Sinnkrise des Materialismus, der dahinter stehe, sagte der Bischof. Die Kirche habe vor Neoliberalismus und Kapitalismus immer gewarnt: Die bloße Konzentrierung auf Wirtschaft, Finanzen und eine materialistische Sichtweise, auf ausschließliche Gewinnererhöhung für sich selbst ohne entsprechende Gegenleistung - «das konnte eigentlich nicht gutgehen», betonte Müller.

Dagegen seien Solidarität und die Frage nach einem höheren Daseinssinn in den Hintergrund gestellt worden. Dabei seien dies wesentliche Dimensionen, die für das Gelingen des menschlichen Daseins wichtig seien. Die Kirche sei gar oft belächelt worden, wenn sie darauf hingewiesen habe, dass die meisten Menschen auf der Welt vom allgemeinen Wohlstand ausgeschlossen seien.

Müller betonte, für die Kirche gelte es nun deutlich zu machen, «dass man diese Krisen sicher nicht allein technisch lösen kann oder mit Umbuchungen von Staatsgeldern in den Banken». «Das wird nicht ausreichen, wir brauchen eine tiefere Besinnung auf den Gesamtzusammenhang des menschlichen Lebens», sagte Müller. Es müsse nun versucht werden, mit einer guten Wirtschaftsethik Manager und Banker so zu prägen, dass auch ethische Prinzipien in den Wirtschaftsprozess einfließen: «Es kann nicht sein, dass hemmungsloses Profitstreben und damit verbundene persönliche Bereicherung mit den Steuergeldern aller letztlich auch noch subventioniert wird und für die Verantwortlichen in der Regel ohne persönliche Konsequenzen bleibt.»

Ethik wirkt stabilisierend
«Eigentum ist dazu da, es mit anderen zu teilen», sagte der Oldenburger evangelische Bischof Jan Janssen am Samstag im Deutschlandfunk. Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl erklärte, unter der «lasterhaften Gier der Superreichen» würden voraussichtlich vor allem die Menschen in armen Ländern leiden. Der Theologe und Sozialethiker Wolfgang Nethöfel empfahl Managern: «Wenn Ihr lange statt schnell Geld verdienen wollt, braucht ihr Ethik. Das wirkt stabilisierend.»

Janssen forderte eine stärkere Orientierung am Gemeinwohl. «Der gute alte Satz 'Eigentum verpflichtet' wäre wieder in Erinnerung zu rufen», sagte der Bischof, dessen Landeskirche durch die Bankenkrise vermutlich bis zu 4,3 Millionen Euro verloren hat. «Mit dem Anvertrauten sinnvoll für andere umzugehen, wäre einer der Leitsätze, der durchaus biblische Tradition hat.»

Der sächsische Landesbischof Bohl befürchtet schwerwiegende Auswirkungen der Finanzkrise auf die armen Länder Afrikas und Asiens. Es sei «empörend», dass die Menschen in diesen Staaten nun die Zeche für die Exzesse der Reichen zahlen müssten, sagte er mit Blick auf Befürchtungen, dass die versprochene Erhöhung der weltweiten Entwicklungshilfe wegen der Krise ausbleiben könnte. Der Illusion, dass die Not in der Ferne nichts mit den Menschen in den reichen Ländern zu tun habe, dürfe man sich nicht länger hingeben, forderte der Bischof in einem Gottesdienst zur Tagung der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) in Zwickau.

Der Sozialethiker Nethöfel erklärte, eine «Mischung aus Gier und Gelegenheit» sei Ursache der derzeitigen Finanzkrise. «Zur Wahrheit gehört, dass die meisten von uns bis vor kurzem profitiert haben: durch niedrige Preise und durch einen im internationalen Vergleich immer noch hohen Lebens- und Sozialstandard», sagte Nethöfel dem epd in Marburg.

Die größte Gefahr in der gegenwärtigen Situation sei, dass die Krise vom Finanz- über das gesamte Wirtschafts- und Sozialsystem auf das politische System übergreife. «Krisen sind die Stunde der Rattenfänger, die für komplizierte Probleme einfache Lösungen anbieten», sagte der evangelische Theologe.

Der Wirtschaftsethiker Josef Wieland warnte davor, in der Krise über individuelles Versagen und Managergier zu klagen. Dies lenke von dem eigentlichen Problem einer weltweit fehlenden Regulierung der Finanzmärkte ab, sagte der Wissenschaftler dem epd. «Es ist völlig klar, das Menschen gierig sind. Das beschäftigt uns schon mehr als 2.500 Jahre.» Die Frage sei, wie die Menschen damit umgehen.

Ferner kritisiert der an der Hochschule Konstanz lehrende Wissenschaftler den Mangel an Regeln für den globalen Finanzmarkt und deren Durchsetzung. Er verglich dazu die weltweite Wirtschaft mit einer Fußball-Weltmeisterschaft, bei der es keine Schiedsrichter gibt und jede Mannschaft nach ihren eigenen Regeln spielt. «Wir wissen ziemlich genau, wie so eine WM ablaufen würde.»