Obama macht den Katholiken Joseph Biden zum Vizekandidaten

Kein politisches Risiko mehr

Lange ist darüber spekuliert worden, wen Barack Obama zu seinem Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten ernennen würde. Jetzt gab der demokratische Präsidentschaftskandidat aus Illinois das Ergebnis mehrwöchiger strategischer Überlegungen bekannt. Dazu beigetragen hatte ein spezielles Beratungsteam, zu dem auch Caroline Schlossberg Kennedy gehörte, die Tochter des 1963 ermordeten Präsidenten John F. Kennedy. Obamas Wahl fiel schließlich auf Joe Biden, einen Kollegen aus dem Senat, der im "Oberhaus" des Kongresses den Zwergstaat Delaware vertritt.

 (DR)

Mit dieser Entscheidung, so der einhellige Tenor in den USA, sei Obama «auf Nummer sicher gegangen». Denn Biden ist ein erfahrener Außenpolitiker. Auf diesem Feld mangelt es Obama noch an Erfahrung. Ganz offenbar steht ein wichtiges biografisches Detail Bidens nicht im Widerspruch zu seiner Nominierung: Der 65-jährige Senator ist Katholik. Dass der römisch-katholische Glaube eines Kandidaten für das zweithöchste Staatsamt der USA keine negativen Reaktionen auslöst, ist ein Indiz für eine Normalität, die es über weite Strecken der protestantisch geprägten US-Geschichte nicht gab. Noch zu Beginn der Sechziger Jahre galt Katholizismus in «god´s own country» als Belastung für eine politische Karriere.

John F. Kennedy war im Jahr 1960 erst der zweite katholische Präsidentschaftskandidat, und seine Religion diente Gegnern im Wahlkampf stets als «Beweis» der Untauglichkeit. Immer wieder musste Kennedy teils groteske Bedenken zerstreuen - etwa, ob er ein Agent des Papstes sei oder einen Tunnel unter dem Atlantik vom Weißen Haus zum Vatikan bauen lassen wolle, um Befehle aus Rom zu empfangen. Kennedy antwortete stets, er sei kein Kandidat der Katholiken, sondern wolle Präsident eines säkularen Landes werden und sei
nebenbei katholisch. Käme er als Präsident in einen Gewissenskonflikt zwischen seinen Amtspflichten und seinem Glauben, werde er zurücktreten.

Schließlich siegten bei den US-Wählern Charme und Charisma des jungen Bewerbers über antikatholische Reflexe. Allerdings, so meinten damals die Analysten, wäre sein hauchdünner Vorsprung von nur 0,2 Prozent vor dem Republikaner Richard Nixon für einen protestantischen Kennedy deutlich größer ausgefallen.

Die Erinnerung an diese Zeit dürften weder Barack Obama noch Joe Biden plagen. Im Gegenteil: Ein katholischer Mitkandidat kann inzwischen sogar Obamas Ansehen landesweit verbessern. Denn heutzutage ist der Anteil katholischer Wähler in den USA auf rund 20 Prozent gestiegen. Sie bilden bereits die größte Einzelkonfession
des Landes. Noch liegt Obama bei Amerikas Katholiken nach aktuellen Meinungsumfragen hinter dem Republikaner McCain.

Joe Biden ist - wie John F. Kennedy - irisch-katholischer Abstammung. Als  ugendlicher besuchte er eine katholische Schule, als Politiker kam er vier Mal mit Papst Johannes Paul II. zusammen und nahm an dessen Begräbnis teil. Von der offiziellen Haltung der katholischen Bischofskonferenz der USA weicht Biden allerdings in einigen Punkten ab. So ist der Politiker, der seit 1972 als Senator für Delaware amtiert, ein Befürworter der Todesstrafe und ist gegen ein Verbot der sogenannten Homo-Ehe durch ein Bundesgesetz. Auch setzt er sich für die Stammzellforschung ein.

Katholische Organisationen haben darauf hingewiesen, dass er mit seiner Haltung gegen die Abtreibung innerhalb der Demokratischen Partei eher ein Außenseiter ist. Sein Einsatz für Arme und Benachteiligte, so die «Catholic Democrats», zeige außerdem, wie tief er im Glauben verwurzelt sei. Monsignore William Kerr von der
Florida State University bezeichnete die mögliche künftige Nummer Zwei der USA als «den ernsthaftesten Katholiken, der mir in meinen 40 Jahren als Priester begegnet ist.»

(kna)