Sascha Ellinghaus aus Lünen ist ehrenamtlicher Zirkuspfarrer

Ein Geistlicher in der Manege

Noch sind die Scheinwerfer aus, die Kasse des Zirkus Verona ist unbesetzt und die Kamele ruhen sich in ihrem Gehege aus. Einen Tag vor der Vorstellung hat die Zirkusfamilie von Josef Dennis Tränkler einen wichtigen Gast empfangen: Sascha Ellinghaus ist ehrenamtlich als Zirkuspfarrer engagiert.

Autor/in:
Christoph Sterz
 (DR)

Ellinghaus ist Pfarrer in einer katholischen Gemeinde im westfälischen Lünen und widmet sich in seiner freien Zeit der «Katholischen Circus- und Schaustellerseelsorge». «Die Schausteller fallen durch das übliche Raster - sie haben keine feste Heimatgemeinde und werden von der üblichen Seelsorge nicht erfasst», erklärt der Geistliche.

Seit 2002 unterstützen acht regionale Ansprechpartner einen Nationalseelsorger und pflegen Kontakte zu den Verbänden, Familien und Betrieben. «Als Zirkuspfarrer muss man schon ein besonderes Interesse mitbringen», sagt Ellinghaus. So wie für Familie Tränkler vom Zirkus Verona, der vorwiegend in Nordrhein-Westfalen Station macht. Vor kurzem hat Pastor Ellinghaus Tränklers Tochter Michelle zur Kommunion geführt und besucht die Zirkusfamilie regelmäßig.

«Den Erstkontakt muss ich herstellen - ich recherchiere, ob in der Nähe ein Zirkus Station macht und besuche die Schausteller dann», sagt der gebürtige Braunschweiger. Ellinghaus arbeitet eng mit der nordrhein-westfälischen Zirkusschule zusammen und stellt so den Kontakt zum Zirkusnachwuchs her. Der 36-Jährige spendet nicht nur Sakramente, hält Gottesdienste in der Manege ab und sucht das Gespräch mit den Schaustellern, sondern muss ebenso viel Büroarbeit verrichten: «Weil die Familien ständig unterwegs sind, muss ich regelmäßig aufwendig herausfinden, wo jemand geboren oder getauft wurde.» Auch der «Pfarrbrief für die reisende Gemeinde» nimmt einiges an Zeit in Anspruch.

Zudem stehen regelmäßig Treffen wie die jährliche Tagung der Zirkusseelsorger an. Im Rahmen des berühmten Zirkusfestivals von Monte Carlo tauscht sich Ellinghaus mit seinen europäischen Kollegen aus und knüpft Kontakte mit den Artisten. Auch auf der Fachmesse für Schausteller ist Ellinghaus vertreten. «Durch unsere Anwesenheit zeigen wir, dass wir uns für die Belange der Schausteller interessieren und uns für sie einsetzen», sagt der Geistliche.

Auch für den Familienbetrieb des Zirkus Verona zeigt Ellinghaus Interesse - doch nicht immer wird er so herzlich empfangen wie in dem kleinen Familienzirkus. «Das ist vergleichbar mit einer ganz normalen Gemeinde - da gibt es auch besonders zugängliche Menschen und solche, die abweisend reagieren», sagt Ellinghaus. Unterschiede zum normalen Gemeindeleben macht der Geistliche vor allem bei der Art der Glaubensausübung aus. «Die Zirkusleute sind immer auf ihre Wagenburg begrenzt - deswegen wird der Glauben ohne Einfluss von außen in der Familie weitergegeben», erklärt der Pfarrer. Da die Zirkusse vom Ursprung her eng mit der Kirche verbunden sind, gibt es unter den Schaustellern noch heute viele bekennende Katholiken.

Seine reiselustige Gemeinde will Ellinghaus auch in Zukunft betreuen. Und so wird gewiss noch das ein oder andere Souvenir aus der Manege im Lüner Pfarrhaus einen Platz finden - denn schon jetzt sind es über 1800 Zirkusplakate, die der Zirkusliebhaber gesammelt hat.