Erster Ständiger Diakon erinnert sich an Weihe vor 40 Jahren

"Manche hielten uns für abgefallene Priester"

Warum der junge Mann am Altar predigen, aber nicht die Eucharistie feiern durfte, haben damals viele in der Pfarrei in Köln-Porz nicht verstanden. Warum er taufen, aber nicht Kranke salben durfte, wussten die Katholiken vor 40 Jahren auch nicht. "Manche hielten uns für abgefallene Priester", erinnert Günter Orbach sich schmunzelnd.

Autor/in:
Viola van Melis
 (DR)

"Die Menschen konnten mit dem Begriff Ständiger Diakon wenig anfangen." Dabei waren Orbach und vier weitere Männer des Erzbistums Köln Pioniere: Nach Wiederbelebung dieses Kirchenamtes durch das Zweite Vatikanum wurden sie 1968 im Dom zu den weltweit ersten Diakonen der Neuzeit geweiht. Am Wochenende wird dies mit Pontifikalamt und Festakt gefeiert. Kardinal Joachim Meisner zelebriert den Jubiläumsgottesdienst.

"Es war ein überwältigendes Gefühl, als Weihbischof Augustinus Frotz mir die Hand auflegte", erinnert sich der 75-jährige Orbach.  "Schließlich war der Diakonat über Jahrhunderte nur eine Art Durchlaufstadium zur Priesterweihe gewesen. Und plötzlich wurden wir, verheiratete Männer mit Kindern, Seelsorger." Sie durften taufen, predigen, beerdigen, die Ehe einsegnen und Gläubigen in Gesprächen helfen. Die Schwarz-Weiß-Aufnahme von der ersten Weihe im Kölner Dom weckt Erinnerungen: Die Gänge rund um das Altarpodest gesteckt voll mit Menschen, in der Mitte kniet der Weihekandidat, Frotz hält die Hand über ihn. Die vier Mitstreiter stehen dahinter.  Am Rand steht Kardinal Joseph Frings, wie Orbach mit dem Finger zeigt. "Er überließ Frotz die Weihe, weil er blind war und den Text zur Diakonenweihe nicht auswendig konnte."

Weihbischof Frotz - "Vater des Ständigen Diakonats"
Ein Novum, das Ganze. Jahrelang hatte Weihbischof Frotz sich für die Einführung des "Diakons der Urkirche" stark gemacht. Bundesweit warb auch Josef Hornef aus Fulda dafür, den manche den "Vater des Ständigen Diakonats" nennen. Orbach und seine Freunde hörten dessen Ausführungen auf einer Tagung. Seitdem ließ der Gedanke an die frühen Diakone die jungen Männer, die alle eine theologische Ausbildung hatten, nicht mehr los: "Zu Anfang der Kirche gab es nur Bischof und Diakone - sie sollten das Auge der Kirche sein", so Orbach. "Sie sollten prüfen, ob in den Gemeinden die Nächstenliebe nur verkündet oder auch gelebt wurde."

Der Diakon der ersten Stunde, der aus dem Bergischen Land stammt, absolvierte Mitte der 1950er Jahre in Bonn eine Ausbildung zum Laienkatecheten und wurde Religionslehrer in Köln. Den Diakonat füllte er zunächst nebenberuflich aus - eine hohe Belastung für seine Frau und die sieben Kinder, wie er heute betont. Später machte er die Seelsorge zum Hauptberuf, zunächst in Gemeinden, dann für 16 Jahre bis zur Pensionierung im Siegburger Jugendgefängnis - das inzwischen wegen der Ermordung eines Insassen in die Schlagzeilen geriet. Schon früher herrschte dort ein rauer Ton, weiß der Diakon:  "Dort habe ich gelernt, wie wichtig eine ehrliche, authentische Verkündigung ist."

"Wir brauchen mehr Theologinnen in den Kirchen"
Wenn die jugendlichen Häftlinge während der Predigten lachten oder dazwischenriefen - "Du Himmelskomiker" -, hatte Orbach handfeste Antworten parat. "Es war von Vorteil, dass wir Diakone viel Lebenserfahrung aus anderen Berufen mitbrachten." Bei Orbach war das so: Als Messdiener hatte er noch Priester werden wollen. Doch dann musste er als junger Mann die Mutter unterstützen und war mehrere Jahre Hilfsarbeiter. Das härtete ab: "Wenn die Kollegen merkten, dass ich nicht nur Taufschein-Katholik war, sondern den Glauben ernst nahm, wurde ich gehänselt." Eine frühe Übung für den späteren Seelsorgeberuf.

Inzwischen gibt es für Diakone eine ausgefeilte Ausbildung - für Orbachs Geschmack etwas zu ausgefeilt. Diese lange Phase belaste die Familien der Männer zu stark. Bundesweit sind derzeit 2.900 Diakone im Amt. Ob der Diakonat heute auch für Frauen geöffnet werden sollte - wie katholische Frauenverbände es fordern - beschäftigt den Pionier von einst. Theologisch ist er noch nicht davon überzeugt.  Dennoch steht für Orbach fest: "Wir brauchen mehr Theologinnen in den Kirchen. Denn in den Bänken sitzen fast nur Frauen, vorne aber spricht der Mann."