"Soldat Schwejk" machte Prager Kneipe berühmt

"Nach dem Krieg im Kelch"

Jaroslav Hasek vor 125 Jahren geboren. Wenn es Abend wird in der Prager Kneipe "Zum Kelch", dann ist es hier genauso wie vor 100 Jahren.

Autor/in:
Kilian Kirchgeßner
 (DR)

Und der berühmteste Stammgast ist allgegenwärtig: Jaroslav Hasek, Autor der "Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" und vor 125 Jahren geboren. "Wenn mich jemand fragt, wo denn der Hasek früher seinen Stammplatz hatte", sagt Pavel Töpfer, der heute die Kneipe "Zum Kelch" bewirtschaftet, "dann sage ich: 'Genau da, wo Sie jetzt sitzen!' Das stimmt zwar nicht ganz, aber die Gäste sind dann immer glücklich." Mit seiner schlagfertigen Art macht der Wirt dem Soldaten Schwejk alle Ehre.

In dem Roman verarbeitete Hasek seine eigenen Erlebnisse aus dem Ersten Weltkrieg. Er war Soldat in der Armee des österreichischen Kaisers und gab mit der Figur seines Schwejk die straffe Hierarchie, die Befehlsstruktur und den vermeintlichen Sinn des Krieges der Lächerlichkeit preis. Schwejk stolpert unbeholfen von einem Problem zum nächsten - und löst alle Situationen mit stoischer Ruhe und großem Fatalismus.

Kurz bevor Schwejk in den Krieg ziehen muss, trifft er eine Vereinbarung, die berühmt wurde: "Also dann", ruft er seinem Saufkumpanen zu, "nach dem Krieg um halb sechs im Kelch!" Dieser Satz ist es, auf den auch heute noch, fast ein Jahrhundert später, der Erfolg von Pavel Töpfer aufbaut.

Fast jeden Abend voll besetzt
Seine Kneipe "Zum Kelch", die auf Tschechisch "U Kalicha" heißt, ist mit ihren 280 Plätzen fast jeden Abend voll besetzt. Deutsche, französische, englische, skandinavische, russische und sogar japanische Besuchergruppen kommen, um den Originalschauplatz aus Haseks Roman kennenzulernen. Nach der politischen Wende saßen selbst Staatsgäste wie Helmut Kohl und Francois Mitterand an den rustikalen Holztischen.

Jaroslav Hasek hat mit dem Schwejk die ganze Welt erobert. Zu Lebzeiten war er jedoch in der Literaturszene weitgehend geächtet, weil seine Texte vor banalen, teils auch vulgären Dialogen strotzen - und weil sein Lebenswandel weit entfernt war vom bildungsbürgerlichen Standard. Er war ständiger Gast in schmuddeligen Schankwirtschaften, einer geregelten Arbeit ging er nur selten nach. Mit einer Ausnahme: Vorübergehend hatte Hasek eine Redakteursstelle bei der Zeitschrift "Die Welt der Tiere", die sich an ein zoologisches Fach- und Laienpublikum richtete.

Hasek starb mit nur 39 Jahren
Als ihm die Berichte aus der biologischen Forschung zu langweilig wurden, so will es die Legende, erfand er kurzerhand einige Tiere, die er ausgiebig in der Zeitschrift vorstellte. Ein neu entdeckter Floh aus der Urzeit etwa und eine Papageienart, die sich regelmäßig ins Delirium trinkt, gehen auf Haseks Fantasie zurück - und kosteten ihn schnell die Redakteursstelle. Er starb am 3. Januar 1923 im Alter von nur 39 Jahren.

"Hasek selbst hatte nicht nur hier seinen Stammplatz, sondern in fast allen Kneipen in der Umgebung", räumt der "Kelch"-Wirt Töpfer ein:
"Dass sein Schwejk die Verabredung ausgerechnet hier in unserem Restaurant trifft - da haben wir einfach großes Glück gehabt!"