Barack Obamas umstrittener Pastor - Im US-Präsidentschaftswahlkampf geht es jetzt um Schwarz und Weiß

Schwarze Befreiungstheologie

Was hat Jeremiah Wright, der radikale afro-amerikanische Pastor von Barack Obamas Kirche, über Amerika und Rassismus gepredigt? Hat sich der schwarze Präsidentschaftsanwärter deutlich genug davon distanziert? Die Antworten könnten vielen Kommentatoren zufolge darüber entscheiden, ob Obama die Vorwahlen gegen Hillary Clinton gewinnt. Konrad Ege wirft einen Blick auf den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf.

Autor/in:
Konrad Ege
 (DR)

Nach Angaben des Meinungsforschungsinstituts Gallup vom Donnerstag (Ortszeit) hat Clinton seit dem Aufflackern der Kontroverse vor etwa einer Woche zugelegt: 49 Prozent demokratischer Wähler bevorzugten danach Clinton, 42 Prozent Obama.

Als Sohn einer Weißen aus Kansas und eines schwarzen Kenianers wollte Obama der Kandidat sein, der Brücken baut. Jetzt hat ihn die «Rassenfrage» eingeholt. Wright sei ein «Hassprediger», verkünden einige Medienkommentare. Seit gut einer Woche geistern Videoclips von Jeremiah Wright durchs Internet. Fernsehsender spielen Auszüge aus Predigten, in denen ein emotionaler Wright in seiner Trinity-Kirche in Chicago hart ins Gericht geht mit dem «weißen Amerika».

Der 66-jährige Wright lässt kaum ein gutes Haar an den Mächtigen der USA. «Wir haben Staatsterrorismus gegen die Palästinenser und die schwarzen Südafrikaner gefördert», sagte Wright, und «weit mehr Menschen getötet als die paar tausend in New York. Amerika wird von seinen Taten eingeholt».

Obama ist seit 20 Jahren Mitglied der Trinity-Kirche (Dreifaltigkeitskirche). Am Dienstag hielt er eine Rede über die Kontroverse und distanzierte sich von Wrights Aussagen. Wrights Fehler sei nicht, dass er vom Rassismus gesprochen habe, sondern «dass er so tat... als habe es keinen Fortschritt gegeben».

Obama nahm seinen spirituellen Berater jedoch auch in Schutz. Wright spreche aus Sicht der afro-amerikanisichen Erfahrung der Sklaverei und Diskriminierung. Der Pastor habe Trinity zu einer Gemeinde gemacht, die «Gottes Werk tut und sich um Obdachlose, Arme, Häftlinge und Aids-Kranke kümmert».

In führenden Tageszeitungen erhielt Obama gute Noten für die Rede: Er habe «Mut gezeigt» und zum ehrlichen Blick auf die «komplexen» Rassenbeziehungen aufgefordert, schrieb die Tageszeitung «New York Times». Viele Schwarze seien zornig über Diskriminierung, sagte Obama, während viele weiße Arbeiter, gerade jetzt zu «Zeiten stagnierender Löhne» nicht das Gefühl hätten, «privilegiert» zu sein.

Die Trinity Kirche gehört der 1,2 Millionen Mitglieder zählenden, überwiegend weißen protestantischen «United Church of Christ» (UCC) an. UCC-Pastoren verteidigten Pastor Wright. Die Medien entstellten seine Botschaft, indem nur einige wenige Clips endlos abgespielt würden, während Wright Zeit seiner Karriere hunderte Stunden lang gepredigt haben müsse. Kritiker hätten «politische Motive», mutmaßte UCC-Präsident John Thomas.

Der 80-jährige weiße lutherische Theologe Martin Marty kritisierte die oft «beleidigenden» Berichte über Wright, die von Reportern verfasst würden, die entweder «naiv» seien oder anscheinend nichts wüssten über die Bürgerrechts- und afro-amerikanische Bewegung, der Trinity entspringe.

Er kenne Wright seit Jahrzehnten und besuche gelegentlich Trinitys Gottesdienste, sagte Marty. Manchmal stimme er Wright zu, manchmal nicht. Wright predige sehr biblisch und untersuche die Bedeutung des Evangeliums für das «persönliche, kulturelle, soziale und politisch Leben» seiner Gemeinde.

Wright kommt aus der Tradition der «schwarzen Befreiungstheologie».
Die klassische, aus Lateinamerika kommende Befreiungstheologie vertritt die Auffassung, die Befreiung der Unterdrückten sei das Zentrum der biblischen Botschaft. Die schwarze Befreiungstheologie, dass Gott auf Seiten der unterdrückten Afro-Amerikaner stehe. Sie hat ihre Ursprünge bei der «Black Power» und Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre.

Am 3. April jährt es sich zum 40. Mal, dass Bürgerrechtsführer Martin Luther King ermordet wurde. Manche Predigten Wrights erinnern an damals in den Medien kritisierte Predigten Kings: So attackierte King die «westlichen Kapitalisten», die in der Dritten Welt schonungslos Profite machten. Und 1967 verurteilte King den Vietnamkrieg und sagte, die USA seien der «größte Verbreiter der Gewalt in der ganzen Welt». (03344/21.3.2008)

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