Abschied von Bischof Reinhard Lettmann

Er kam als Jüngster und ging als Dienstältester

Reinhard Lettmann lächelt während der vielen Ansprachen. Manchmal sieht er vorsichtig auf die Uhr. Jeder im Bistum Münster weiß, dass der Bischof kein Freund langer Reden ist. Doch an diesem Wochenende sind die Katholiken ein wenig gnadenlos. Sie bescheren dem dienstältesten deutschen Oberhirten, der seit 28 Jahren die bundesweit drittgrößte Diözese leitet, Reden und Lieder in großer Zahl. Zum Abschied in der Halle Münsterland, Dom und Rathaus.

 (DR)

Er selbst hält es am Ende der vielen Festveranstaltungen zu seinem 75. Geburtstag und zum Abschied, der kurz nach Ostern ansteht, jeweils westfälisch kurz: Höflich tritt er zur Dankesrede nach vorn - und belässt es dann bei genau drei Sätzen und einem Scherz.

Sein humorvoller Abschluss im ehrwürdigen Rathaus-Festsaal: "Ein gutes Wort währt drei kalte Winter. Nach den heutigen Reden reicht es für weit mehr als drei kalte Winter." Im überfüllten Dom am Sonntag allerdings gehen die Emotionen dann doch für einen Moment mit dem kernigen Westfalen durch: Die Stimme bricht, er scheint eine Träne zu verdrücken, als er den vielen Katholiken in seiner Diözese, deren Engagement er lobt, für die Unterstützung im Glauben dankt. Auch wenn ein Bischof die Gemeinden stärken solle, so Lettmann, "ist auch er auf das Glaubenszeugnis der Schwestern und Brüder angewiesen."

Bergmannssohn aus Datteln
Der Bergmannssohn aus Datteln lebt aus der Spiritualität. Das wiederholen die Festredner aus Politik und Kirchen, Katholikenräten und Verbänden unermüdlich. Dies allein aber erkläre seine Popularität nicht. Ihn präge eine besondere Mischung aus Menschenfreundlichkeit, Prinzipientreue und Liberalität, aus Volksnähe und Intellektualität, heißt es immer wieder. Beliebt hätten "Bischof Reinhard", wie die Münsterländer ihn gern nennen, seine tiefgründigen Witze gemacht.

Bekannt wurde er durch seine Wanderungen und Wallfahrten durch die Diözese, vom Niederrhein bis zur Nordsee. "Sie haben zu Fuß Gemeinde für Gemeinde besucht", sagt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). "Die Leute liefen zusammen, wenn Sie kamen."

Mehr als 4.000 Gäste, darunter 44 Bischöfe aus aller Welt
Wie bunt das Bistum ist, zeigen viele der Geschenke: Margret Pernhorst - Vorsitzende der Diözesankomitees der Katholiken und Landwirtin in Lüdinghausen - übergibt Lettmann ein kleines Blumenbeet. Schließlich sei er ein "erfolgreicher Gärtner unseres Bistums" gewesen. Ein "Freund der Laien". Münsters Oberbürgermeister Berthold Tillmann überreicht Faksimiledrucke der Dokumente des Westfälischen Friedens von 1848, der evangelische Präses Alfred Buß - zum Zeichen der ökumenischen Freundschaft - Faksimiles der "Barmer Theologischen Erklärung" von 1934. Und die Leser der Bistumszeitung "Kirche und Leben" haben in 500 Fotos einen einzigen Tag in der Diözese eingefangen: Das Buch "Ein Tag wie jeder andere" präsentiert Bilder mit Details aus den vielen Gemeinden - vom Morgengebet über den Seniorentag bis zum Dienstgespräch der Seelsorger.

Mehr als 4.000 Gäste, darunter 44 Bischöfe aus aller Welt, sind zum Abschiedswochenende des einst jüngsten und nun dienstältesten deutschen Oberhirten angereist. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, drückt ihre Wertschätzung aus: Lettmann habe stets pointiert Position bezogen und manche Debatte zum Ende geführt. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hält Rückschau auf das Leben des Jubilars. Die 45 Jahre seit seiner Priesterweihe seien "keine Schonzeiten in der Kirche" gewesen.

Lettmann habe viele schwere Aufgaben übernehmen müssen. Die Katholiken auf dem rot-gelb geschmückten Domplatz, mit bunten Fahnen und Standarten in den Händen, danken es ihm mit langem Applaus.

Von Viola van Melis (KNA)