Krankenkassen rechnen mit Einheitsbeitrag über 15 Prozent

Gesundheitsreform mit Nebenwirkungen

Millionen von gesetzlich Krankenversicherten müssen sich im kommenden Jahr auf deutlich höhere Kassenbeiträge einstellen. Vorstände mehrerer Krankenkassen und Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass der Beitragssatz mit der Einführung des Gesundheitsfonds Anfang 2009 auf bis zu 15,5 Prozent steigen wird. Vor diesem Hintergrund mehren sich Forderungen, auf den Gesundheitsfonds vorerst zu verzichten. "Die große Sorge ist, dass durch den Fonds kein Bürokratieabbau sondern eine Zunahme eintritt", so der Präsident des Allgemeinen Patientenverbands, Christian Zimmermann im domradio-Interview.

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Manfred Rey
 (DR)

"Ich halte einen bundesweit einheitlichen Beitragssatz von 15,5 Prozent für das Jahr 2009 für durchaus plausibel", sagte der Vorstandsvorsitzende der Barmer Ersatzkasse, Johannes Vöcking. Allein aus der Reform der ärztlichen Honorare werde sich eine Mehrbelastung von 0,25 Beitragspunkten ergeben.

Der Vorsitzende der Kaufmännische Krankenkasse, Ingo Kailuweit, betonte: "Aus heutiger Sicht ist ein Beitragssatz für 2009 von 15,5 Prozent realistisch." Für den Chef der Techniker Krankenkasse, Norbert Klusen, sind der Gesundheitsfonds und die Einführung eines Risikostrukturausgleichs die größten Kostentreiber.

Die Kassenchefs bestätigten damit in der Tendenz eine Studie des Münchner Instituts für Gesundheitsökonomik. Danach wird der Beitragssatz mit Einführung des Gesundheitsfonds gegenüber dem derzeit gültigen Wert um 0,7 Punkte auf 15,5 Prozent steigen. Laut der Studie könnten bis zu 90 Prozent aller Beitragszahler betroffen sein - das sind 44 Millionen Menschen.

DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun betonte die Sorge der deutschen Wirtschaft. "Der Fonds ist und bleibt ein Fehlkonstrukt. Die jetzt schon sicheren Beitragserhöhungen machen Arbeit teurer und vernichten Arbeitsplätze. Nach Schätzungen des Arbeitsmarktexperten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Holger Schäfer, wären bei einem Anstieg des Beitragssatzes auf 15,5 Prozent "mehrere zehntausend Jobs" in Gefahr.

Vor diesem Hintergrund kamen erstmals aus der Union Forderungen, aus dem Gesundheitsfonds wieder auszusteigen oder zumindest die Einführung aufzuschieben. Bayerns Gesundheitsministerin Christa Stewens (CSU) sagte: "Solange die Auswirkungen des Gesundheitsfonds nicht im Detail geklärt sind, steht die Verschiebung im Raum." Ähnlich äußerte sich Baden-Württembergs Sozialministerin Monika Stolz (CDU). Für SPD-Fraktionsvize Elke Ferner besteht indes "kein Anlass" für eine Verschiebung.

Heftige Kritik äußerten die Grünen. Deren Parteichef Reinhard Bütikofer bezeichnete die Gesundheitsreform mit dem Fondsmodell als "Murks". Union und SPD fehle aber der Mut, ihr Versagen einzugestehen und auf die gesündere Alternative einer Bürgerversicherung umzuschwenken.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erwartet eine schwere Belastung des Bundestagswahlkampfs 2009. "Sobald der Fondsbeitrag zum Jahresende feststeht, werden sich alle zu Wort melden, bei denen er zu einer steigenden Beitragsbelastung führen wird, vor allem die Betriebskrankenkassen mit ihren heute noch günstigen Beiträgen, aber auch große Konzerne wie Daimler oder BMW." Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand, Michael Fuchs (CDU), rief die Bundesregierung daher auf, den Beitragssatz für die Krankenkassen auf dem "heutigen Niveau" zu halten.