Streit um Zukunft der Bergbau-Regionen

Wenn die letzte Zeche schließt

Der Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau in Nordrhein-Westfalen ist längst beschlossene Sache. Doch was spätestens 2018 nach Schließung der letzten Zeche im Ruhrgebiet passiert, sorgt für Streit zwischen dem Deutschen Gewerkschaftsbund und der schwarz-gelben Landesregierung.

 (DR)

Es fehlt leider insgesamt ein Konzept für die Bergbau-Regionen", sagt DGB-Landeschef Guntram Schneider. Das Revier brauche "industrielle Arbeitsplätze". Die Landesregierung solle nicht nur auf Service-Jobs für das Ruhrgebiet setzen, fordert der Gewerkschafter.

Die Landesregierung, die den Ausstieg aus dem subventionierten Bergbau gegen den erbitterten Widerstand von SPD und Gewerkschaften durchgesetzt hatte, weist die Kritik des Arbeitnehmervertreters zurück. Sobald der Stilllegungsplan für die Steinkohle vorliege, werde man die "betroffenen Kommunen zu einem Gespräch einladen", sagt Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU). Gemeinsam wolle man "tragfähige Zukunftskonzepte für die Standorte" entwickeln. "Wir hoffen, dass der DGB und seine Einzelgewerkschaften hierbei konstruktiv mitarbeiten, auf die dort vorhandene Sachkunde wollen wir nicht verzichten", sagt Thoben.

Logistik und erneuerbare Energien
"Klar ist, an fehlenden Mitteln wird keine gute Idee scheitern", verspricht sie. Dabei setze die Landesregierung besonders auf die "schon jetzt erkennbaren Stärken des Ruhrgebiets, beispielsweise in der Logistik, bei den erneuerbaren Energien, in der Gesundheitswirtschaft und neuen Werkstoffen". Wichtig seien dabei "regionale Lösungen, denn die im Bergbau Beschäftigten kommen schon lange nicht mehr allein aus der Standortgemeinde, sondern aus der jeweils weiteren Umgebung", sagt Thoben.

"Derzeit haben wir rund 25 000 Beschäftigte in NRW", sagt ein Sprecher der Deutschen Steinkohle (DSK) in Herne. Viele Stellen wurden in den letzten Jahren bereits durch Vorruhestandsregelungen und die Verlagerung von Beschäftigten über Umschulungen in andere Berufe abgebaut. Ende 2006 gab es noch rund 30 000 Kohlekumpel zwischen Duisburg und Hamm. Doch noch immer ist die Steinkohle ein Wirtschaftsfaktor im Revier. Zehntausende arbeiten in den zahlreichen Zulieferfirmen an Rhein und Ruhr.

"Wir haben der Landesregierung vorgeschlagen, einen industriepolitischen Dialog zu starten, in dem der Strukturwandel und die regionale Industriepolitik mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften ausgelotet und gestaltet werden", sagt DGB-Chef Schneider. Der Strukturwandel dürfe "nicht dem Markt und seinen Gesetzen allein überlassen" werden. "Diesen Dialog halten wir unverzichtbar, unabhängig von einer möglichen Revision in 2012", sagt Schneider. Die SPD hatte im Ausstiegsbeschluss eine Klausel durchgesetzt, wonach das Ende des Bergbaus im Jahr 2012 noch einmal vom Bundestag revidiert werden kann.

Im Frühjahr wird entschieden
Schneider ist nicht allein mit seinen Forderungen. Auch die Bürgermeister von Kohlestädten wie Hamm, Gelsenkirchen und Kamp-Lintfort fordern möglichst lange Laufzeiten für ihre Zechen, weil sie keine Ersatzjobs anbieten können. Kamp-Lintfort hatte 2006 bereits den nach der Steinkohle zweitgrößten Arbeitgeber verloren, die Handyfirma BenQ Mobile. Damals waren knapp 2000 Jobs verloren gegangen.

Die Zeit drängt. Im Frühjahr wird der DSK-Aufsichtsrat wohl den Zeitplan für das Ende der Zechen beschließen. "Je eher, desto besser", sagt Ministerin Thoben. An den sieben NRW-Steinkohle-Standorten Bottrop, Ibbenbüren, Marl, Kamp-Lintfort, Hamm, Gelsenkirchen und Duisburg-Walsum wird dann aber nur Klarheit herrschen, dass unter Tage bald Schluss sein wird. Ob die Kumpel neue Arbeit finden, bleibt eine Daueraufgabe im Ruhrgebiet.

Von ddp-Korrespondent Martin Teigeler